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Krause, Friedrich Ernst August

Geb. 13.8.1879 in Posen, gest. 12.12.1942 in Heidelberg.

 

Nach dem Abitur 1897 in Naumburg/S. schlug er die Offizierslaufbahn ein. Während seiner Stationierung in Berlin-Spandau nahm er das Studium der Orientalistik am Seminar für Orientalische Sprachen auf (sehr breit, u.a. auch Kel­tisch), mit dem Schwerpunkt bei der Sinologie. 1910 legte er die Diplomprüfung für Japanisch ab, 1912 für Chinesisch. 1914 promovierte er in Berlin mit einer historischen Arbeit zu China (s.u.). Im Welt­krieg war er im Vorderen Orient eingesetzt. Wohl wegen eines dabei ent­wickelten chronischen Leidens nahm er Abschied vom Militär.

1919 Habilita­tion in Heidelberg für Sinologie (mit einer literaturgeschichtli­chen Arbeit). 1924 wurde er dort a.o. Professor; die Bemühun­gen um eine Etatisierung der Stelle wurden abgelehnt. 1923 promovierte dort bei ihm Schaeffer. 1926 ging er nach Göttingen, wo er zwar die bestehende sinologische Abteilung leitete, aber ebenfalls nur nichtbeamteter a.o. Professor blieb, der auf ein Stipendium der Notgemeinschaft angewiesen war. K. versuchte die Etatisierung seiner Stelle durchzusetzen (die ihm bei der Beru­fung in Aussicht gestellt worden war), indem er sich immer wieder beurlauben ließ (auch in Hinblick auf seinen Gesundheitszu­stand) und vorher einen Umzug verweigerte. In diesem Konflikt ließ ihn die Fakultät fallen und veranlaßte 1930 die Bestellung eines Vertreters (G. Haloun). K. reagierte gekränkt, und seine Krankheit ver­schlimmerte sich. Seitdem schrieb er nur noch Rezensionen und ein paar Miszellen (auch gelegentlich Fachfremd-Heimatkundliches sowie eine Autobio­graphie zu seiner Weltkriegszeit, 1932). So erklärt sich auch, daß er in den Londoner Listen der »Notgemeinschaft« offeriert wird, weshalb er hier aufgenommen ist.

Seine wissenschaftlichen Interessen lagen bei der Kultur- und Re­ligionsgeschichte, wozu militärgeschichtliche Interessen kamen, die insbes. auch seine Dissertation prägten: »Fluß- und Seege­fechte nach chinesischen Quellen der Zeit der Chou- und Han-Dyna­stie und der drei Reiche«,[1] in der er 17 einschlägige Quellen vor allem personengeschichtlich (dyna­stische Genealogien), geographisch und sonst kulturgeschichtlich (vor allem Militaria) kommentiert. Sprachliche (schriftsprachliche) Erläu­terungen finden sich zwangsläufig gelegentlich eingestreut. Als einziger sinologischer Vertreter an seiner jeweiligen Universität vertrat er selbstverständlich das Fach in seiner ganzen Breite, wozu bei ihm neben den chinesischen Sprachkur­sen auch die Mandschu-Überlieferung gehörte (also in einer altaischen Sprache; s. das Verzeichnis seiner Göttinger Lehrveranstaltungen in Walravens 1983: 5).

Sein wissenschaftliches Programm skizzierte er in seinem Habilita­tionsvortrag bzw. der Antrittsvorlesung »Die Aufgaben und Methoden der Sinologie / Sprache und Schrift in China und Japan«.[2] Sie enthält ein Plädoyer für eine Sinologie als philologische Wissenschaft – gegen eine praktisch orientierte Aus­bildung in der Tradition der Kolonialinstitute wie bei ihm selbst. Entsprechend lag das Ge­wicht für ihn bei der Schrift als der umfassenden kulturellen Klammer, der ge­genüber die gesprochene Sprache (bes. in ihren dialektalen For­men ohne literarische Manifestation) keinen Eigenwert hat; sie ist für ihn auch nur zusammen mit der literatursprachli­chen Überlieferung zu verstehen. So skizziert er ein umfassen­des Studienprogramm, dessen Einheit nicht bei den Sprachen, son­dern den Kulturkreisen liegt, die recht heterogene Sprachfamilien um­spannen: der Islam mit der arabischen Hochsprache, der Buddhismus mit dem Sanskrit und den Entwicklungen im Tibetischen; die Einflüsse der chinesischen Kultur, bes. in Übersetzungswerken im Mongolischen und im Mandschu (also den altaischen Sprachen), sowie insbesondere auch im Japanischen, wo sprachwissenschaftlich ohnehin die Spannung zwischen Sprach- und (fremder) Schriftstruktur einen zentralen Stellenwert hat.

Seine zahlreichen Veröffentlichungen behandeln entsprechend vor­wiegend literarisch-kulturgeschichtliche Themen und beabsichtigen, dem europäischen Leser »das chinesische Denken« verständlich zu machen, so z.B. seine »Geschichte Ostasiens«[3] sowie »Ju-Tao-Fo. Die religiösen und philosophischen Systeme Ostasiens«,[4] das er auch mit einem separaten Band »Terminologie und Namensverzeichnis zur Religion und Philosophie Ostasiens«[5] erschloß, das die Termini/Namen nach Sprachen aufschlüsselte und sowohl in lateinischer (in phonetischer Transkription) wie chinesischer Schrift aufführt, sowie seine Mitarbeit an der »Pro­pyläen Weltgeschichte« (Bd. 1/1931 und Bd. 9/1933: »Geschichte Ostasiens bis zur Berührung mit Europa«).

Nach dem Scheitern seiner Karrierepläne in Göttingen zog K. sich ganz aus der Sinologie zurück: er verkaufte auch seine sinologische Bibliothek an einen Sammler und Amateursinologen. Seitdem beschäftigte er sich wohl nur noch mit Italien, zu dem er bereits vorher publiziert hatte (aber unter dem Pseudonym Waldemar Frey, so 1927 in einem dreibändigen Werk „Italia sempiterna").

 

Q: V; LdS: unplaced; Kürschner 1931; H. Walravens, »F. E. A. Krause – Major und Ostasienwissenschaft­ler«, Hamburg: Bell 1983, und ds. auch in Elvert / Nielsen-Sikora (2008); sowie Hinweise von Walravens.



[1] Berlin: Reichsdruckerei 1914.

[2] Heidel­berg: Weiss 1919.

[3] 2 Teile, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1925.

[4] München: Reinhardt 1924.

[5] München: Reinhardt 1924.

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