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Zach, Erwin, Ritter von

Geb. 18.4.1872 in Wien, gest. 19.1.1942 bei Sumatra (auf einem versenkten Schiff).

 

Nach dem Abitur in Wien 1890 dort Studium der Medizin, das er 1895 zwar abschloß, für dessen Praxis er sich aber ungeeignet fühlte. Daraufhin nahm er das Studium der orientalischen Sprachen auf, mit dem Schwerpunkt bei Chinesisch und Mandžurisch, außer in Wien vorübergehend auch an der Universität Leiden. Aufgrund seiner Veröffentlichungen zum Mandžurischen bot ihm Boas 1897 die Teilnahme an der von den USA aus durchgeführten Expedition zu den Völkern Sibiriens und Nordamerikas an (die Jesup-Nordpazifik-Expedition). Wie auch in seinem späteren Leben lehnte Z. diese wie alle akademischen Aufgaben ab und ging stattdessen nach London, um eine Prüfung für kaufmännisches Chinesisch abzulegen, die ihm 1901 in Peking eine Beschäftigung bei der chinesischen Zollbehörde erlaubte. Noch im gleichen Jahr wechselte er in China in den konsularischen Dienst Österreich-Ungarns. Für diesen war er an verschiedenen Orten tätig (Peking, Shanghai, Hongkong), aber auch außerhalb Chinas in Yokohama, Singapur und zuletzt in Batavia (heute Jakarta).

Der arealen Ausdehnung seiner Tätigkeiten entsprach auch seine wissenschaftliche Beschäftigung mit den verschiedenen Sprachen (er veröffentlichte auch kleinere Arbeiten zum Malaiischen, zum Tagalog u.a.), v.a. lexikalische Arbeiten. In einer ganzen Reihe von Veröffentlichungen nahm er die verfügbaren Wörterbücher unter die Lupe, außer zum Chinesischen auch zum Mandžurischen, mit unterschiedlichen Bezugssprachen: Russisch, Französisch, Englisch, Deutsch u.a. Eine Reihe solcher Arbeiten veröffentlichte er gesammelt als »Lexikographische Beiträge« in Peking, mit denen er 1909 in Wien promovierte (Dazu kam er vorübergehend nach Wien zurück). Als er bei Kriegsende aus dem österreich-ungarischen Dienst ausscheiden mußte, blieb er in Batavia (Jakarta), zunächst unter extrem schwierigen materiellen Verhältnissen, nachdem sein Vermögen beschlagnahmt worden war (s. Führer, Q), bis er in den niederländischen konsularischen Dienst ging, in dem er bis 1925 blieb.

In dieser Zeit, v.a. aber später, nachdem er aus dem niederländischen konsularischen Dienst ausgeschieden war und weiter aber in Jakarta lebte, widmete er sich intensiv seinen sinologischen Arbeiten; er publizierte Übersetzungen zu allgemein als schwierig geltenden chinesischen Texten und führte v.a. seine wissenschaftskritischen Arbeiten fort. Akribisch kritisierte er die Beiträge wohl der meisten Sinologen seiner Zeit, wobei er eine rigoros methodisch verstandene Arbeitsweise an den Tag legte, die mit seinen naturwissenschaftlichen Interessen korrespondierte.[1] Die akademischen Fachvertreter reagierten darauf überwiegend beleidigt,[2] so daß er von ihnen zuletzt ein weitgehendes Publikationsverbot erhielt[3] und seine Beiträge weitgehend im Selbstverlag publizieren mußte bzw. in relativ entlegenen Organen, wie v.a. der »Deutschen Warte«, dem Publikationsorgan der deutschsprachigen Gemeinde in Indonesien, bis dieses 1933 die Veröffentlichungen einstellte.[4] Eingeschränkt gilt das auch für B. Schindler, mit dem bzw. mit dessen Asia Major er eine fachliche kollegiale Zusammenarbeit aufrechterhielt,[5] sowie Laufer, mit dem er extensiv korrespondierte.

Nach der deutschen Besetzung der Niederlande schloß das niederländische Indonesien sich den Alliierten an und internierte alle deutschen bzw. österreichischen Bewohner auf Sumatra. 1942 drohte ein japanischer Überfall auf Sumatra, und die Internierten sollten nach Ceylon deportiert werden. Auf der Überfahrt dorthin wurde das Schiff von einem japanischen Flieger torpediert, und Z. kam mit den meisten Passagieren auf See um.

Z.s sprachwissenschaftliche Publikationen gelten v.a. lexikologischen Fragen. Bereits 1907 hat er das Projekt eines großen Thesaurus der chinesischen Sprache entworfen, für das er seinerseits vergeblich versuchte, eine materielle Unterstützung zu finden (u.a. bei der österreichischen AdW, s. Führer, Q). So verfolgte er dieses Vorhaben in zahlreichen Einzelstudien, in denen er insbesondere sprachliche Schichten des chinesischen Wortschatzes aufarbeitete, die nicht aus dem Han stammen (tibetisch, mandžurisch), dann auch bestimmten fachlichen Bereichen, die seine besonderen Interessen zeigen, insbesondere im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich. Vor diesem Hintergrund bearbeitete er akribisch die vorliegenden Großwörterbücher,[6] auch das damals in China publizierte von chinesischen Sinologen (Pz’u-yüan), zu dem er insgesamt über tausend Korrekturen anbrachte. Außer den lexikologischen Beiträgen veröffentlichte er als Vorarbeit für eine neue große chinesische Grammatik Korrekturen und Ergänzungen zu der Grammatik von von der Gabelentz.[7] Entsprechend dem Bau der chinesischen Sprache behandelt er dort v.a. syntaktische Fragen.

Z. war in seinem Fach heftig umstritten, nicht umstritten war allerdings seine fachliche Kompetenz. Insofern repräsentiert er einen hoch spezialisierten Sprachforscher, dessen persönliches Profil offensichtlich mit einer akademischen Laufbahn nicht kompatibel war.

Q: Nachrufe: A. Forke, »E. Ritter v. Z. in memoriam«, in: Z. Dt. Morgenländ. Ges. 97/1943: 1-15; A. Hoffmann, E. Z., in: Oriens Extremus 10/1963: 1-60 (mit Schriftenverzeichnis); Führer 2001: 157-187; E. Bruce Brooks, E. Z. in: Sinologists, Projekt der Univ. Massachusetts, s. http://www.umass.edu/wsp/sinology/persons/zach.html (Febr. 2008); C. Näher, »Materialien zur Biographie des österr. Sinologen und Mandschuristen E. v. Z (1872-1942), Teil I: Aus dem Briefwechsel mit A. Ehrenstein«, in: NOAG 167-170/2000-2001: 205-259; Splitternachlaß an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

 


[1] Hier gibt es Entsprechungen bei Boas, der in gleicher Weise einen Kampf mit den ganzheitlich-intuitiv vorgehenden Ethnologie-Kollegen ausfocht.

[2] Die Bibliographie von Hoffmann (Q) listet alphabetisch die Adressaten seiner Kritiken und auch ihre Repliken auf, S. 23-40. Dort finden sich auch eine Reihe der hier aufgeführten Sinologen, z. B. Erkes, Krause, Lessing, Woitsch. Zu den ersten Opfern seiner heftig vorgebrachten Invektiven gehörte der Leidener Sinologe G. Schlegel, bei dem er in Leiden studiert und mit dem er zunächst sogar gemeinsam publiziert hatte, s. dazu Führer, Q: 158-160.

[3] So explizit von Paul Pelliot 1929 als Herausgeber von T’oung Pao, s. Führer Q: 168.

[4] Zu diesem und den Problemen dort, s. z.B. Z.s Brief vom 29.9.1930 bei Näher (Q).

[5] In seiner Korrespondenz figuriert dieser allerdings oft als Sch(w)indler wie er auch andere Namen gerne verballhornte, z.B. Haloun als Haloun(ke) u. dgl., s. Näher (Q).

[6] Insbesondere in seinen »Sinologischen Beiträgen« (Grammatik, Lexikographie, Übersetzung), Bd. I Batavia: Tong Ah 1930, Bd. II Batavia: Lux 1935; Bd. III ebd. 1936 mit der abschließenden Korrekturliste.

[7] Hans Georg <Conon> von der Gabelentz, »Chinesische Grammatik mit Ausschluss des niederen Stils und der heutigen Umgangssprache«, zuerst Leipzig 1881. Diese Ergänzungen erschienen in seinen sinologischen Beiträgen (s.o.) unter dem Titel »Zum Ausbau der Gabelentzschen Grammatik«, in: Bd. I 1930: S. 1-13 und in Bd. III 1936: 401-500.

 

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