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Freund, Julius

 

Geb. 23.4.1871 in Marburg/L., Todesdatum unbekannt.

Nach dem Abitur 1889 in Marburg dort Studium der Germanistik, Klassischen Philologie und Philosophie. 1894 absolvierte er dort zuerst das Staatsexa­men für das höhere Lehramt, dann die Promotion (formal 1898 abgeschlossen). Seine Dissertation »Huttens Vadiscus und seine Quellen«[1] untersucht die Abhängigkeit von Huttens polemischer Schrift von der mutmaßli­chen lateinischen Vor­lage seines Humanisten-Freundes Crotus Rubea­nus (s. bes. S. 27). In der Hauptsache bewegt sich die Arbeit im Bereich der im Textanaly­se (dem Nachweis der tendenziösen Zuspitzung der Polemik durch Hut­ten), sie enthält aber auch philo­logische Analysen, etwa zum Wortschatz Huttens (im Rückgang auf das Mittellatei­nische).

Nach den Prüfungen absolvierte er ein Freiwilligen­jahr beim Militär und machte dann sein Referenda­riat. 1896/1897 vertrat er den deutschen Lektor in Uppsala, 1898-1902 hatte er die Lekto­renstelle in Lund inne (wo er auch seine Dissertation veröffent­lichte). 1902-1907 war er Dozent für deutsche Spra­che und Litera­tur an der Universität St. Andrews, 1908-1914 in gleicher Funktion an der Universität Sheffield. Vermutlich in Verbindung mit seiner Aufgabe, Deutsch zu unterrichten, analysierte er seine eigene, mundartlich geprägte Aussprache: »The Sounds of West Middle German as spoken at Marburg an der Lahn«,[2] in der er (explizit nach dem Vorbild Wintelers) auch Allegroformen bzw. satzphonetische Erscheinungen (Klitisierungen u. dgl.) artikulatorisch beschreibt.

Während des Weltkriegs 1914 bis 1918 war er in England inter­niert; 1916 wurde er von seiner Stelle in Sheffield entlassen. 1918 kam er im Rahmen des Gefangenenaustausches wieder nach Deutschland, wo er in Ber­lin an der Universität als Lektor für Englisch angestellt wurde (seit 1919 mit Professorentitel). Ob seine Emigrationskarriere schon antisemitischen Repres­sionen geschuldet ist, läßt sich den Unterla­gen nicht ent­nehmen: in sei­nem Lebenslauf in der Berliner Personalakte ging F. davon aus, daß er die »Anstellungsberechtigung im Staatsdienst« nach dem Referen­dariat erworben hätte, wenn er damals nicht nach Schweden gegangen wäre.

Im September 1933 wurde er aus rassistischen Gründen entlas­sen und führte seitdem einen Kampf um die Aus­zahlung seiner (gekürzten) Bezüge, die ihm offen­sichtlich seit 1936 nicht mehr gezahlt wur­den. Das letzte Schreiben von ihm in seiner Akte da­tiert vom Juni 1937. Wei­teres ließ sich nicht ermitteln. An Publikationen ist noch eine Untersuchung zu Marburger Hausin­schriften aus dem Jahre 1891 ver­zeichnet, die mir nicht zugänglich war.

Q: Archiv der Humboldt-Univ. Berlin; Schottländer 1988.



[1] Gedruckt in: Lunds universitets årsskrift 36/1889: 1-34.

[2] In: Mod. Lg. Rev. 5/1910: 90-103.