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Levy, Kurt

Geb.19.4.1907 in Hamburg-Altona, gest. 22.7.1935 Bad Godesberg (Freitod).

 

L. studierte romanische, orientalische und klassische Philologie sowie Philosophie in Genf, Hamburg und Bonn. Dort 1928 Promotion bei Kahle mit einer Dissertation zur hebräischen Grammatik (s.u.). 1929 Lehrerexamen in Hamburg. Seit 1930 war er als Hilfskraft für die Bibliothek der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft in Halle tätig, wohl über Kahle vermittelt, der ihn 1932 als Assistent in Bonn einstellte. Dort arbeitete er im Rahmen von Kahles Projekt zur masoretischen Textedition. Eine Edition zu einem schwierigen Teilbereich der masoretischen Punktierung, dem Schwa, hatte er als Dissertation vorgelegt: »Zur masoretischen Grammatik. Texte und Untersuchungen«.[1] Er edierte dort einen Text aus der jüdisch-arabischen rabbinischen Literatur (in hebräischer Schrift überliefert) und diskutiert die methodischen Probleme der Notierung des gesprochenen Arabischen. Dabei hat die Pungierung mit dem Schwa eine doppelte Funktion und ist insofern phonographisch ambivalent: einerseits notiert dieses die Vokalisierung mit einem Reduktionsvokal (auch als digraphisches Diakritikon zur Notation der Zentralisierung von Vokalen), andererseits dient es zur Notation eines silbenschließenden Konsonanten, also als »stummes Schwa«. Die Ambiguität dieses Zeichens machte eine Fülle von recht komplexen Erläuterungen zur Notierung und Lesung des Bibeltextes nötig, die auch heute noch die hebräischen Lehrbücher belasten.

L. gab diesen in mehreren Handschriften überlieferten Traktat heraus, darunter ein Fragment, das er in den Überresten einer Frankfurter Genizah entdeckt hatte.[2] Die Urfassung legte er aufgrund des Vergleichs mit anderen masoretischen Überlieferungen in das 10. Jahrhundert im palästinensisch-ägyptischen Raum. Den Text edierte er und übersetzte ihn in Verbindung mit einer ausführlichen Einleitung und Analyse. L verstand sich selbstbewußt als Sprachwissenschaftler, wie seine im Text mehrfach artikulierte Abgrenzung von einer rein »literaturwissenschaftlichen« Betrachtung der hebräischen Überlieferung verdeutlicht.

Im Frühjahr 1933 wurde ihm seine Stelle aus rassistischen Gründen gekündigt, und auch Kahles Antrag, ihn privat weiter zu beschäftigen, wurde abgelehnt. Er nahm daraufhin eine Lehrerstelle am jüdischen Reformgymnasium Jawne in Köln an, wo er Latein und Hebräisch unterrichtete.[3] Wohl in Verbindung mit seiner Lehrtätigkeit dort arbeitete L. an einem Lehrbuch des Hebräischen, das schon so weit fertig war, daß er mit einem Verlag (Schocken) einen Vertrag abgeschlossen hatte.

Am 22. Juli 1935 nahm er sich das Leben (er ertrank im Rhein). Kahle gab die Dissertation nach L.s Tod noch heraus und rühmte ihn in seiner Vorbemerkung als »eine[n] meiner besten Schüler«.

Q: H. P. Höpfner: 49-50; Nachruf von J. Carlebach, in: Israelitisches Familienblatt 37 (32) v. 8.8.1935; Hanisch 2001: VII.



[1] Stuttgart: Kohlhammer 1936.

[2] Zu dieser Art der Überlieferung s. bei Kahle.

[3] Zu dieser orthodoxen Schule, s. D. Corbach, »Die Jawne zu Köln«, Köln: Scriba 1990. Dort S. 253 zu L.

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