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Rosthorn, Arthur

Geb. 16.4.1862 in Wien, gest. 17.12.1945 in Öd.

 

Nach dem Abitur in Klagenfurt studierte R. von 1880 bis 1883 an der Universität Wien Germanistik und vergleichende Sprachwissenschaft. Zugleich begann er das Studium des Chinesischen, für das er 1883 ein Jahr in Oxford weiterstudierte. Im Anschluß daran arbeitete er in der chinesischen Seezollverwaltung und war in verschiedenen Städten Chinas tätig, um das Chinesische zu lernen. 1893 kehrte er nach Europa zurück, setzte das Studium zunächst in Oxford fort, schloß es 1894 in Leipzig mit der Promotion ab (die Dissertation hatte ein historisches Thema: zum Chinesischen Reich im 4. Jhd.). Danach kehrte er im diplomatischen Dienst für Österreich nach China zurück, von 1906-1911 als Gesandter in Persien (Teheran), danach wieder in China (Peking). Bis zur Kriegserklärung Chinas an Österreich-Ungarn 1917 blieb er dort im diplomatischen Dienst tätig.[1] Nach der Rückkehr nach Wien nahm er das Studium der Sinologie systematisch auf und wurde 1922 zum (unbesoldeten) Honorarprofessor für Sinologie an der Universität Wien ernannt.[2] Dort bemühte er sich um eine Reorganisation des Chinesisch-Unterrichts, ausgeweitet vor allem auf gegenwartsbezogene Aufgabenstellungen (s. hier auch bei seinem Schüler Reifler).

Daneben war er politisch tätig, v.a. auch als Präsident der österreichischen Friedensgesellschaft. Neben kritischen Studien zum Verhältnis zu China äußerte er sich als ausgesprochener Gegner der Nationalsozialisten. Er war auch im Umfeld von Pater W. Schmidt aktiv, an dessen Institut er vortrug und bei dem er im Anthropos veröffentlichte; dessen These vom »Urmonotheismus« (s. bei diesem) übernahm er auch für China (gegen die sonstige sinologische Sichtweise, s. Führer, Q: 112-113). Nach dem Anschluß wurde er von der Gestapo verhört. Als er sich weigerte, den Ariernachweis zu erbringen (Anlaß für eine rassistische Verfolgung gab es wohl nicht), wurde er als Honorarprofessor entlassen. Er setzte den Unterricht noch privat bis zu seinem Tod fort.

Schwerpunkt seiner Arbeit waren historische Werke zur Geschichte Chinas und zum Verhältnis Chinas zu den europäischen Staaten (v.a. Dingen auch in wirtschaftlicher Hinsicht). Von Anfang seiner sinologischen Studien an hatte er sich aber auch mit der chinesischen Grammatographie beschäftigt. In einer ganzen Reihe von Veröffentlichungen hat er diese referiert, vor allem auch mit der Zielsetzung, ihre Eigenständigkeit (gegenüber einer europäozentrischen Kritik) zur Geltung zu bringen. Ein Schwerpunkt war dabei das Schriftsystem, dabei besonders dessen (historisch) sekundäre Phonetisierung (s. auch bei Reifler).

Die übliche binomische Wortschreibung, die phonetisch einsilbige Formen in ein alliterierendes und ein endreimendes Zeichen auflöst,[3] ist für ihn eine Reaktion auf die Einführung der indischen (Sanskrit-)Phonographie im Kielwasser der Einführung des Buddhismus (im 1. Jhd. d. Z.), die vor allem in poetologischen Arbeiten genutzt wurde (der Erstellung von Reimwörterbüchern u. dgl. für die artifizielle poetische Sprache), s. »Indischer Einfluß in der Lautlehre Chinas«.[4] Hier, wie auch bei seinen anderen Veröffentlichungen, ignoriert er die europäische sinologische Forschung, die auf seine Arbeiten mehr als nur kritisch reagierte (s. Führer, Q). In den letzten Jahren arbeitete er an einer »Grammatik des Altchinesischen«, die er nicht mehr fertigstellen konnte.

Q: Kowall, Österreichisches biographisches Lexikon (S. Verosta), NDB (H. Walravens); Führer: 97-117.

 



[1] Zu den ihm dabei Unterstellten gehörte u.a. Zach. Das offensichtlich gespannte Verhältnis zwischen beiden drückt sich in dessen späteren Polemiken gegen R. aus, so in einer Rezension 1926, die in dem Fazit endet: »Schaumschlägerei, aber nicht Wissenschaft« (abgedruckt bei Führer, Q; 120-123, hier S. 123).

[2] Möglich machte ihm das das Familienvermögen: R. stammte aus einer Industriellenfamilie englischer Herkunft (der ursprüngliche Familienname war Rawsthorne), die auch Hintergrund für sein Studium in England war.

[3] Also eine Form /KVK/ mit <KVX + YVK> wiedergibt, wobei <KVX> und <YVK> homophone Formen sind.

[4] Wien/Leipzig: Hölder-Pichler-Tempsky 1941 (= SB der AdW in Wien, Philos.-hist. Kl. 219, 4. Abhandlung). Aus der Akademie wurde R. nicht ausgeschlossen: diese Arbeit (wie auch noch andere) legte er weiterhin als »korrespondierendes Mitglied« vor.

 

 

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