Kommentare zu: Eva Geulen: FÜR DIE EINZELSPRACHLICHKEIT DER LITERATUR. Nebenbemerkung zum jüngsten Streit um die Germanistik https://www.zflprojekte.de/zfl-blog/2017/02/17/eva-geulen-fuer-die-einzelsprachlichkeit-der-literatur-nebenbemerkung-zum-juengsten-streit-um-die-germanistik/ Blog des Leibniz-Zentrums für Literatur- und Kulturforschung, Berlin Fri, 19 Nov 2021 12:24:23 +0000 hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.6.1 Von: Dr. Diana Hitzke https://www.zflprojekte.de/zfl-blog/2017/02/17/eva-geulen-fuer-die-einzelsprachlichkeit-der-literatur-nebenbemerkung-zum-juengsten-streit-um-die-germanistik/#comment-7 Fri, 21 Apr 2017 07:33:21 +0000 http://www.zflprojekte.de/zfl-blog/?p=270#comment-7 Mein Blogbeitrag “Warum Einzelsprachlichkeit?” findet sich hier: https://nomadlit.hypotheses.org/

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Von: Dr. Diana Hitzke https://www.zflprojekte.de/zfl-blog/2017/02/17/eva-geulen-fuer-die-einzelsprachlichkeit-der-literatur-nebenbemerkung-zum-juengsten-streit-um-die-germanistik/#comment-6 Fri, 21 Apr 2017 07:28:46 +0000 http://www.zflprojekte.de/zfl-blog/?p=270#comment-6 Der Einzelsprachlichkeit als Grundlage der Literatur(wissenschaften) möchte ich zwei Argumente entgegensetzen:

Zur These „Experimente mit innertextueller Mehrsprachigkeit […] markieren und unterstreichen“ die Einzelsprachlichkeit, möchte ich folgende Fragen aufwerfen:

Warum sollten die Texte von Autor_innen, die sich mit Mehrsprachigkeit – auch mit Bezug auf die deutsche Sprache – auseinandersetzen, immer nur auf Einzelsprachlichkeit zurückverweisen? Auf welche einzelne Sprache verweisen denn etwa Róža Domašcynas Gedichte, die das Sorbische und das Deutsche verbinden und eben nicht als zwei Einzelsprachen nebeneinanderstellen? Was gewinnt man, wenn man etwa Dragica Rajčićs Texte als „Experimente mit Mehrsprachigkeit“ bezeichnet, die nur die Einzelsprachlichkeit markieren? Warum kann Mehrsprachigkeit nicht gleichberechtigt neben der Einzelsprachlichkeit stehen? Als eine andere Ausdrucksmöglichkeit?

Es wird aber nicht nur der Literatur abgesprochen, mehrsprachig sein zu können, darüber hinaus wird die „Existenzberechtigung der Literaturwissenschaften jenseits der jeweiligen Einzelsprachlichkeit“ in Frage gestellt. Wo gibt es denn die Vielzahl von Forscher_innen, denen es gelungen ist eine mehrsprachige, polyzentrische, postnationale Perspektive derart stark in die Philologien, in die Germanistik, einzubringen, dass man sich um die Einzelsprachlichkeit nun sorgen müsste?

Warum soll es für nicht auf Einzelsprachlichkeit beruhende Ansätze keine Existenzberechtigung geben? Unterstellt man, dass damit gemeint sein soll, das Lesen von Literatur setze die Beherrschung derjenigen Sprache voraus, in der der Text geschrieben worden ist – so zeigt sich darin nicht nur ein Misstrauen gegen Übersetzungen. Es zeigt sich darin auch, dass die Ignoranz gegenüber einer Vielzahl von Sprachen und Literaturen blind in Kauf genommen wird. Derzeit gibt es etwa 7000 Sprachen auf der Welt (in der genauen Zahl lasse ich mich gern korrigieren). Wo findet man für jede dieser Sprachen und Literaturen einzelsprachliche Spezialist_innen? Wenn keine gefunden werden, dann gäbe es aber nach diesem Argument keine „Existenzberechtigung“ für die wissenschaftliche Beschäftigung mit diesen Texten. Diese Versuche damit abzutun, sie wären „entweder vormoderne Universalwissenschaft oder fiele[n] unter das bereits erreichte wissenschaftliche Niveau“ wird nur aus einer Perspektive verständlich, aus der man sich keine Sorgen machen muss, immer eine genügend große Zahl an Spezialist_innen zur Verfügung zu haben und an den Universitäten gut verankert zu sein.

Aber auch aus einer anderen Perspektive, nämlich aus der von Philolog_innen, die nicht „Einzelsprachliteraturwissenschaftler_innen“ (wäre das das korrekte Wort?) sind, sondern sich als Slawist_innen oder Romanist_innen, und vor allem als Komparatist_innen mit Literatur beschäftigen, stellt sich die Frage, wie sie ihre Arbeit auf der Grundlage von Einzelsprachlichkeit definieren sollen (falls sie das wollen). Ganz zu schweigen von Forschenden zur Weltliteratur.

Warum ist Einzelsprachlickeit so wichtig?

(Dieser Kommentar ist eine gekürzte, leicht veränderte Version meines Blogbeitrags „Warum Einzelsprachlichkeit?“)

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