Eva Axer: ZfL-JAHRESTHEMA 2022/23 – GEGENWELTEN

Die Pandemie hat uns einen neuen Zeitgenossen beschert – den ›Corona-Leugner‹. Wo etwas geleugnet wird, gibt es eine Wahrheit, die verdeckt, verfälscht oder verneint wird. Schon beim Begriff ›Klimawandel-­Leugner‹ drängte sich die Einsicht auf, dass uns eine gemeinsame Welt abhanden gekommen ist, in der man auf der Grundlage allseits anerkannter Fakten verschiedene Meinungen haben und unterschiedliche Ansichten vertreten kann. Die Rede von Corona- und Klimawandel-Leugnern verweist auf die Existenz von Gegenwelten. Das Spektrum reicht von tendenziell paranoischer Wissenschaftsskepsis bis hin zur Negation anerkannter Tatsachen. „Eva Axer: ZfL-JAHRESTHEMA 2022/23 – GEGENWELTEN“ weiterlesen

Eva Geulen: WAS STIL SAGT

Seit der Aufdeckung der Fälschungen des Journalisten Claas Relotius im Dezember vergangenen Jahres rauscht es im betroffenen Blätterwald. Viele Stimmen beharren auf verbindlichen Abgrenzungen zwischen Fakt und Fiktion, Journalismus und Literatur. Das geschieht auf mal mehr und mal weniger intelligente Weise. In der Frankfurter Rundschau wurde der Hang des jüngeren Journalismus zum ›Geschichtenerzählen‹ insgesamt verdammt, denn seine Aufgabe sei doch, »der Wirklichkeit auf die Spur zu kommen«. Subtiler wies Lothar Müller in der Süddeutschen Zeitung nach, dass die jedem Faktencheck standhaltenden Details einer Hafenszene bei Flaubert gleichwohl Literatur bleiben, weil es ein episches Präteritum und einen unsichtbaren Erzähler gibt. Im Journalismus müsse man aber wissen, ob der Autor wirklich dabei gewesen sei oder nicht. Augenzeugenschaft bezeugt Wirklichkeit; literarische Erzähler bezeugen sie auch, aber anders. Eine Grenze bleibt, aber sie verläuft nicht entlang von Faktualität und Fiktionalität. „Eva Geulen: WAS STIL SAGT“ weiterlesen