Brandt, Samuel
Geb. 1.5.1848 in Saarbrücken, gest. 18.3.1938 in Heidelberg.
B. war wie die Eltern evangelisch und studierte nach dem Abitur 1867 in Saarbrücken evangelische Theologie und klass. Philologie in Berlin, Leipzig und Bonn. 1870/1871 nahm er im »akademischen Sanitätskorps« der Univ. Bonn am Krieg mit Frankreich teil. Nach dem Examen Gymnasiallehrer in Bonn, dann Hauslehrer in Bad Honnef. In dieser Eigenschaft promovierte er 1872 in Leipzig mit einer philosophischen Dissertation »Kant's Lehre von der Freiheit«,[1] in der er auf 39 Seiten Kants »Kritik der praktischen Vernunft« referiert – wobei er in moralische Skrupel gerät (S. 38-39). 1873 legte er die Oberlehrerprüfung in Bonn ab; von 1874-1877 war er Gymnasiallehrer in Saarbrücken, danach in Heidelberg.
In Verbindung mit dieser Unterrichtstätigkeit widmete er sich der klassischen Philologie (Latinistik), für die er 1877 in Heidelberg habilitierte. Die Habilitationsschrift »De varia quae est apud veteres Romanorum poetas scaenicos genitivi singularis pronomium forma ac mensura«[2] ist eine strikt deskriptive Untersuchung der pronominalen Genitivformen auf -ius in Hinblick auf die Wortstruktur der Belege. Von 1878-1919 war er Assistent am Philologischen Seminar in Heidelberg, 1883 wurde er zum a.o. Professor ernannt (wohl immer noch in Verbindung mit einer Schultätigkeit). 1904 wurde er Honorarprofessor (ab 1908 o. Honorarprofessor) und hatte die Leitung des Philologischen Proseminars in Heidelberg.
In der Folge publizierte er mehrere Arbeiten auf dem Gebiet der Latinistik (insbes. auch zum nachklassischen Latein), u.a. auch eine Textsammlung für die Schule. Er zeigte auch fachgeschichtliche Interessen, so in einer (auch personalgeschichtlich recherchierten) Arbeit über eine Tacitusausgabe des 17. Jhdts.: »Zur Geschichte einer Tacitusausgabe«.[3]
B. lehrte bis zu seiner Entpflichtung 1919 an der Universität Heidelberg, wurde aber als Emeritus noch im Alter von 87 Jahren von der rassistischen Verfolgung betroffen: Obwohl das Heidelberger Rektorat bemüht war, die Anwendung der Nürnberger Gesetze bei ihm aus Altersrücksichten als gegenstandslos zu betreiben (B. las schon seit 1919 nicht mehr), wurde ihm noch 1935 die Lehrbefugnis entzogen.
Q: Mußgnug 1988: 76-77; Drüll 1986.