Flusser, Vilém
Geb. 12.5.1920 in Prag, gest. 27.11.1991 in Tschechien (Autounfall).
F. hatte in Prag eine deutsche Schule besucht und 1938 ein Philosophie-Studium begonnen. Nach der deutschen Besetzung Prags 1939 Flucht vor der rassistischen Verfolgung nach England, gemeinsam mit seiner späteren Frau und deren Eltern (Flussers eigene Familie wurde später in Konzentrationslagern ermordet). In London Fortsetzung des Studiums der Philosophie, 1940 Weitermigration nach Brasilien. Beruflich war er zunächst im Handel tätig. Seit 1962 Professur für »Theorie der Kommunikation« in São Paulo. Aus politischen Gründen 1972 Rückkehr nach Europa, zunächst nach Südtirol, dann nach Südfrankreich. Seit 1991 Gastprofessur an der Universität Bochum.
In seiner Autobiographie (Q) beschreibt er das Exil als »Entwurzelung«, die auch seine Sprachreflexion bestimmt, für die die Frage der Übersetzung (bzw. Übersetzbarkeit) grundlegend ist. Auch in Brasilien schrieb er zunächst noch auf Deutsch. Bei seinen systematischer angelegten Arbeiten versucht er, die Konfrontation mit den sich ändernden medialen Bedingungen produktiv zu machen: in der Reflexion auf Schrift (die er als lineare Bindung auch des Denkens versteht) gegenüber den neuen elektronischen Medien, die diese Bindung nicht mehr aufweisen. Zwar setzte er sich ausgiebig mit der jüngeren Sprachphilosophie (insbes. auch mit dem »späten« Husserl) auseinander, ohne allerdings der sprachlichen Form (bzw. den deskriptiv orientierten sprachwissenschaftlichen Ansätzen) ein sonderliches Gewicht beizumessen. Insofern ist er nur im weiteren Sinne der Sprachforschung zuzurechnen.
Q: Autobiographische Aufzeichnungen (»Auf der Suche nach Bedeutung«, São Paulo 1969; dt. Übersetzung http://equivalence.com/labor/lab_vf_auotbio.shtml); http://www.flusser-archive.org/aboutflusser/biography (Juni 2012) (dort eine ausführliche Bibliographie).>