Lüders, Eva-Maria
Geb. 16.9.1909 in Brăila (Rumänien), gest. 1971 in Uppsala.
Schulausbildung in Deutschland (Magdeburg und Potsdam). Nach dem Abitur 1930 Studium der neueren Sprachen, Germanistik und Philosophie (zeitweise auch Jura und Ev. Theologie) in Göttingen, München, Bonn und Köln. Als ihren wichtigsten Lehrer bezeichnete sie neben Hans Sperber, der ihre Dissertation anregte und betreute, C. von Kraus. In ihrer Kölner Dissertation »Die Auffassung des Menschen im 17. Jhd. Dargestellt an Hand der Poetischen Wörterbücher«[1] untersuchte sie als Schülerin Sperbers die sprachliche Ausdrucksform einer epochalen Haltung (hier im Anschluß an Sperbers Arbeiten zum Barock – nach dessen Vertreibung aus Köln hatte von der Leyen die Betreuung der Arbeit übernommen). Die Arbeit versammelt extensiv Textbelege, vor allem aus metasprachlichem Schrifttum (Poetiken, Wörterbücher), die sie nach Wortfeldern ordnet, kursorisch unter metaphorischen u.a. rhetorischen Kategorien betrachtet, ohne aber ein ersichtliches methodisches Instrumentarium anzuwenden.
Einzelheiten über ihre Emigration waren nicht zu ermitteln.[2] Es ist in Hinblick auf die Biographie ihres Lehrers Sperber vielleicht kein Zufall, daß sie später an der Univ. Uppsala arbeitete. Nach ihrer Emigration nach (Süd-)Schweden lebte sie längere Zeit von Gelegenheitsarbeiten, bis sie mit Unterstützung der staatlichen Flüchtlingshilfe eine Stelle als Archivmitarbeiterin am Deutschen Institut der Univ. Uppsala erhielt. Nicht ohne Schwierigkeiten mit der wechselnden Institutsleitung konnte sie diese Stelle zumeist als Forschungsstelle nutzen.
Sie publizierte akribisch aufbereitete philologische Studien, vor allem ausgehend von einer Predigtnachschrift in einem Uppsalaer Codex. Von einer auf mehrere Teile geplanten größeren Studie »Zur Überlieferung der St. Georgener Predigten«[3] sind nur die kodikologischen Beschreibungen und die Rekonstruktion der Abhängigkeitsverhältnisse der Handschriften erschienen, sowie die (liebevoll mit biographischen Details zu Forscheraußenseitern versehene) Forschungsgeschichte. Die nach den Vorbemerkungen offensichtlich geplante sprachwissenschaftliche Untersuchung, die insbes. auch dialektologische Fragen behandeln sollte, ist nicht mehr erschienen. Zu diesem Vorhaben gehört auch eine Edition eines Fragments einer Predigtniederschrift: »Der Vorderspiegel der Handschrift G der St. Georgener Predigt«.[4] In das gleiche Umfeld gehören auch kleinere philologische Studien, in der Regel wie schon die genannten auf Deutsch verfaßt, einige allerdings auch auf Schwedisch (s. die bibliographischen Hinweise bei Müssener), z.B. eine Studie zur Auflösung der Abkürzung ihs, die sie nicht, wie üblich in Editionen, als i[esus] ch[ristus], sondern als jes[ous] auflöst, zurückgehend auf eine griechische Abbreviatur (IHC = JOTA + ETA + SIGMA), in: »Die Abbreviatur von Jesus Christus in den mittelalterlichen Handschriften«.[5]
Im weiteren Sinne ebenfalls in dieses Umfeld gehören Arbeiten zur deutschen Mystik, u.a. eine Analyse einer Stockholmer Handschrift von Meister Eckehard, die sie nicht nur detailliert beschreibt (kodikologisch, paläographisch, auch in Hinblick auf die mundartliche Form des Textes u. dgl.), sondern deren besondere Textstruktur sie als Kollatie (»Polylog«) rekonstruiert und so ihren Stellenwert in der komplizierten Überlieferungstradition der Meister Eckehard-Handschriften bestimmt (»›Meister Eckehartes Wirtschaft‹ und eine Stockholmer Handschrift derselben«).[6]
Q: V; Müssener 1974; Hermodsson, in: St. Neoph. 43/1971: 375; briefliche Auskünfte von L. Hermodsson (Uppsala).
[1] Düsseldorf: Nolte 1934.
[2] Hinweise bei Müssener 1974: 288 u. 473-774.
[3] Teil I in: St. Neoph. 29/1957: 200-249; Teil II ebd. 30/1958: 30-77.
[4] In: Stockholm St. mod. Ph. NS 4/1972: 163-168.
[5] In: St. Neoph. 43/1971: 375-376.
[6] In: Studier i modern språkvetenskap (Uppsala) 19/1956: 85-124.