Lambertz, Maximilian
geb. 27.7.1882 Wien, gest. 26.8.1963 Markkleeberg (bei Leipzig)
Albanologe. L. studierte seit 1900 in Wien Klass. Philologie und Indogermanistik. Staatsexamen (1906) und Promotion (1907) in Wien mit einer namenkundlichen Arbeit. Danach Gymnasiallehrer zuerst in Istrien (Pola - heute Koratien), dann in Wien. Von 1907 – 1911 beurlaubt für die Mitarbeit am Thesaurus linguae latinae in München. Zunächst noch weitere namenkundliche Arbeiten, dann aber mit einem neuen Forschungsschwerpunkt beim Albanischen, ausgehend von mehreren Reisen in albanischsprachige Regionen in Mittelitalien und nach Albanien, wo er ethnographische und dialektale Feldforschung betrieb, bei denen vor allem auch die mündliche Literatur aufnahm, zu der er Textsammlungen publizierte. Bereits 1912 hatte er (gemeinsam mit G. Pekmezi) ein Lehrbuch zum Albanischen publiziert.
L. blieb dabei Gymnasiallehrer in Wien (später auch Schulleiter), war aber zugleich als Albanologe Mitglied der Balkankommission der Wiener Akademie, für die er 1916 den Auftrag bekam, am Ausbau der der Schriftsprache in Albanien mitzuwirken, insbesondere mit der Kodifizierung der Orthographie. L. war politisch links engagiert: zunächst Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Österreich, später in der SBZ dann in der KPD. 1934 führte das zu seiner Entlassung von der Schulstelle. Daraufhin begann er in Wien ein Studium der Theologie, dessen Abschluß mit einer 1939 vorgelegten (und bereits angenommenen) Dissertation aus rassistischen Gründen verweigert wurde (seine Mutter stammte aus einer jüdischen Familie). Er ging noch im gleichen Jahr nach München, um wieder am Thesaurus mitzuarbeiten, allerdings ohne reguläre Anstellung. 1943 ging er nach Leipzig, wo er an der Leipziger Fremdsprachenschule Französisch und Italienisch unterrichtete, Nach Kriegsende (und jetzt als KPD-Mitglied) leitete er dort die Fremdsprachschule, zugleich auch eine Oberschule. 1946 wurde er zunächst zum Honorarprofessor an der Pädagogischen Fakultät in Leipzig ernannt, dann zum o. Prof. f. vergleichende Sprachwissenschaft, als der er dort bis zur Emeritierung 1957 tätig war und das Indgermanische Insitut aufbaute (zeitweise war er auch Dekan). Auch in dieser Zeit setzte er seine Arbeiten zum Albanischen fort, auch mit wiederholten Aufenthalten dort (auch in der Zeit der politischen Spannungen zwischen Albanien und der Sowjetunion).
L.s sprachwissenschaftliches Hauptwerk ist die quasi monographische Arbeit „Die hypothetische Periode im Albanischen“. [1] Dort wertet er die verfügbare Literatur aus, neben eigenen Mundartaufnahmen und vor allem aufgrund einer ausführlichen Exzerption gedruckter literarischer Werke. Die Darstellung ist historisch-vergleichend angelegt, extensiv im Rückgriff auf das Griechische (alt- wie neugr.), aber auch im Kontrast zu damals vorliegenden deskriptiven syntaktischen Arbeiten aus anderen ie. Sprachen (vom Gotischen bis zum Litauischen ..), vor allem aber zu den Sprachkontaktkonstellationen (bei ihm: „balkanisch“: Neugriechisch, romanische und slawische Sprachen). Die Analyse erfolgt mit Fallunterscheidungen, die einerseits semantisch-pragmatisch gruppiert sind (realis / irrealis; narrativ vs. generalisierende Argumentation), andererseits nach formalen Kriterien: syndetisch / asyndetisch, finites verbales Prädikat oder nicht, Stellungsfragen: propositions-intern wie im Satzgefüge usw.; ausführlich u.a. zur Nutzung des (Ad-) Mirativs in der Apodosis). Als Fazit konstatiert er den „Doppelcharakters des Albanischen als einer halbromanischen Balkansprache“ (S. 208).
Gestützt auf seine dialektologischen Forschungen publizierte er zunächst noch einige weitere sprachwissenschaftliche Arbeiten, verlegte sich dann aber auf das literarische Feld mit einem Schwerpunkt bei „volkstümlichen Texten“, die er auch selbst aufnahm. Das spiegelt sich in seinem abschließenden dreibändigen „Lehrgang des Albanischen“, [2] der in der Hauptsache ein historisch orientiertes Lesebuch ist: Bd. I liefert ein umfangreiches Glossar zu den abgedruckten Texten (also auch in deren Graphie, nicht der modernen alban. Orthographie); Bd. II eine „Chrestomathie“, von Beginn der Überlieferung (1462) bis zu einer Rede des damaligen Staatsoberhaupts Enhver Hoxha, u.a. auch mit selbst aufgenommenen Texten; Bd. III stellt zwar thematisch gruppiert grammatische Erscheinungen zusammen, ist aber in der Hauptsache eine weitere Textanthologie, z.T. auch wieder mit eigenen Aufnahmen, das erste Kapitel (S. 1-64) bietet einen dialektologische Überblick, einschließlich der Forschungsliteratur.
Insofern wird L. in neueren sprachwissenschaftlichen Arbeiten in der Regel nur noch mit seiner frühen Studie (1914-15) erwähnt. [3]
Q: G. Grimm in NDB; Ch. Kanzler im Österr. Biogr. Lexikon.
[1] In: Indogermanische Forschungen 34/ 1914 – 15: 44 – 208.
[2] Halle /S.: Niemeyer 1954 – 1959.
[3] So z.B. bei O.Buchholz / W.Fiedler, Albanische Grammatik. Leipzig: Enzyklopädie 1987, die als Handbuch angelegt ist. Dort wird L. bei den Vorarbeiten bzw. der Grundlagenliteratur (S. 16-17) gar nicht aufgeführt. Nur seine Arbeit von (1914-15) erscheint im Literaturverzeichnis.