Pleßner, Helmuth
Philosoph. Geb. 4.9.1892 Wiesbaden, gest. 12.6.1985 Göttingen.
P studierte zunächst Biologie und Medizin, dann Philosophie, worin er 1916 an der U Erlangen promoviert wurde. Danach war er am Germanischen Museum in Nürnberg tätig. 1920 Habilitation U Köln und Lehrtätigkeit als Privatdozent, zeitweise auch Lehrstuhlvertreter (für M. Scheler, s.u.), 1926 a.o. Prof. 1933 wurde er aus rassistischen Gründen entlassen. Zuerst hoffte er auf eine Emigrationsperspektive in der Türkei und reiste auch nach Istanbul (s. Dietze, Q - auch für die folgenden Bemerkungen zur Emigration). Aufgrund seiner Verbindung zu dem Biologen F.J.J. Buijtendijk (1887-1974) erhielt er ein zweijähriges Forschungsstipendium in den Niederlanden zur Arbeit mit diesem 1934 - 1936 an der U Groningen. Daran schloß ein zweijähriges Stipendium der Rockfeller Stftung an, das als Anschubfinanzierung für eine soziologische Professur an der U Groningen bestimmt war. Da er als Nicht-Niederländer keine reguläre Professur erhalten konnte, wurde für ihn 1938 eine entsprechende Stiftungsprofessur geschaffen. Nach der deutschen Besatzung der Niederlande 1940 konnte er zunächst noch weiter aktiv bleiben: als "Mischling" behielt er auch seinen deutschen Paß (ohne den stigmatisierenden Stempel 'J<ude>'), mit dem er auch noch wiederholt nach Deutschland reiste. Anfang 1943 wurde er entlassen, konnte aber mit niederländischer Hilfe untertauchen und mit falschen Papieren überleben. Auch unter diesen Bedinngugnen führte er sein wissenschaftliches Projekt weiter, veröffentlichte aber z.T. schon vorher unter einem Pseudonym („Ulrich Eyser“). 1945 wurde er als o. Prof. wieder eingestellt. 1951kehrte er nach Deutschland auf einen soziologischen Lehrstuhl an der U Göttingen zurück, den er bis zu seiner Emeritierung 1962 wahrnahm. Danach noch Gastlehrtätigkeiten, u.a. 1962/63 an der New School of Social Research in New York.
In Köln hatte P. parallel, vor allem aber auch in Konkurrenz zu Max Scheler sein Forschungsprogramm einer Philosophischen Anthropologie entwickelt,[1] in deren Rahmen Sprachfragen eine zentrale Rolle spielen, weshalb er hier berücksichtigt ist. Gegen den (nicht nur damals) dominierenden „geisteswissenschaftlichen“ Dualismus von Körper und Intellekt (bzw. Kognition, in der die Sprache zu verankern ist) operierte er mit einer Fundierung der höheren (kognitiven) Potentiale in biologischen (leiblichen) – letztlich unter den Prämissen der traditionellen Schulphilosophie (Ontologie), die mit Seinsstufen operiert, bei denen die „höheren“ die niederen in einem überlegenen Maße realisieren (genetisch betrachtet: sie ausbauen) ; sie werden also nicht als etwas ganz Anderes verstanden. In diesem Sinne entwickelte er vor allem in seinen frühen Arbeiten eine Form philosophischer Biologie, die „höhere“, kognitiv bestimmte Fähigkeiten (bzw. Aktivitäten) wie die Sprache als entfaltete biologische Ressourcen des Menschen versteht, statt sie auf etwas ganz Anderes (einen postulierten „Geist“) zurückzuführen, aber sie auch nicht auf die biologischen Voraussetzungen reduziert. Insofern spielen P.s Arbeiten im Kern der Sprachforschung, weshalb er hier berücksichtigt ist – für die sprachwissenschaftliche Diskussion ist er allerdings noch zu entdecken.
Argumentativ schloß P explizit an Husserl an, über dessen (wie er es sah:) nur beschreibend-analytisches Vorgehen er aber hinausgehen wollte – insbesondere mit einer von ihm geforderten „Distanz zur Sprache“.[2] Faktisch hat die Sprache in P.s Arbeiten die Funktion eines argumentativen Grenzwertes, auf den hin die besondere Stellung des Menschen bestimmt werden kann, so in „Die Stufen des Organischen und der Mensch“.[3] Dort entwickelte er in einer einerseits genetischen Perspektive, dann aber in einer systematisch-begrifflichen die „natürlichen“ Voraussetzungen, unter denen höhere kognitive Leistungen möglich werden: mit der Grunddimension des Lebendigen, bestimmt durch die Dynamik eines Systems, das sich selbst reproduziert (gegenüber der „toten“ Materie der Dinge). Dabei definiert er Stufen: insbesondere geschlossene Systeme, die sich von ihrer Umwelt abgrenzen: bei Tieren, die damit auch ortsungebunden sind; gegenüber den offenen Systemen der Pflanzen, die ortsgebunden sind, dabei aber prinzipiell unbegrenzt wachsen können; und schließlich beim Menschen, der biologisch gesehen die gleichen Ressourcen wie höhere Tiere hat (insbesondere ein zentrales Nervensystem, das das Umfeld strukturell zu erfassen erlaubt), der damit aber eine Welt projiziert, die das Gegenüber repräsentiert, statt nur aktivitätsbezogen auf die Umwelt zu reagieren (wie bei Tieren). Sehr detailliert entfaltet er einen Begriffsapparat, der mit der Repräsentation die Grundbestimmung von Sprache faßt: verankert in der Internalisierung der Grenze, mit der das Andere intentional konstitutiv dazu gehört (während Dinge nur bis zur Grenze ausgedehnt sind); die Grenze setzt eine Distanz zum Anderen, die dieses überhaupt erst zum Gegenstand macht. Im entfalteten Sinne wird dadurch konzeptuell der Gegenstand als kognitive Größe im Raum seiner möglichen Verfassung konstituiert (also losgelöst von der unmittelbaren Wahrnehmung des Gegenüber: die darin liegende Negation ist für ihn die kritische Grundbestimmung]). Biologisch entspricht das der Entwicklung von zunehmend differenzierteren organischen Ressourcen (des Apparates der Fortbewegung, der Wahrnehmung, dann auch des zentralen Nervensystems: des Gehirns u.a. mehr). Im Menschen kommt diese Entwicklung gewissermaßen zu sich: physiologisch betrachtet ist er nichts anderes als ein Tier, aber eines, das sich in ein Verhältnis zu sich selbst setzt: bei P gefaßt als seine „Extrapositionalität“ im Gegensatz zum Tier, das im Vollzug seiner Interaktion mit der Umwelt aufgeht – was durchaus zu differenzierten Formen intelligenten Verhaltens wie bei höheren Primaten führen kann.
In der Exzentrizität ist für P die Besonderheit der conditio humana begründet, die keine realistische Reduktion erlaubt, wie sie anthropologischen Phantasien bestimmt haben (und überwiegend auch heute noch bestimmen): Menschsein ist definiert als ein Raum von Möglichkeiten, die im Leben als bestimmte Wahl unter ihnen realisiert werden müssen: der Mensch realisiert sich in den von ihm im Leben geschaffenen Artefakten, darunter insbesondere die Sprache. Diese sind insofern immer historisch konstituiert – Versuche, die Sprache (wie in Phantasien über eine „Ursprache“) als abstrakt-konkreten Gegenstand zu definieren, erklärt P ausdrücklich als sinnlos (ebd. S. 341): Sprache kann es nur in der Vielfalt besonderer Sprachen geben, in denen sich die je besondere Realisierung des Lebens ausdrückt.
An diesem Punkt brach P allerdings seine Modellierung ab. Zwar war er Sprachfragen zunächst auch extensiv angegangen (er hielt z.B. in Köln im WS 1920/21 eine Vorlesung zur Sprachphilosophie, s. Fischer, Q, S. 37,Fn), aber er hat seinen analytischen Horizont dabei auf Ausdrucksaspekte beschränkt, die sich mit den Verhaltensforschungen bei Tieren verknüpfen lassen (daher auch seine Kooperation mit Buijtendijk, s.o.). Einen relativ systematischen Aufriß der Problemstellung hatte er mit „Die Einheit der Sinne. Grundlinien einer Aesthesiologie des Geistes“ vorgelegt.[4] Hier grenzte er die spezifisch sprachlichen Ressourcen von Formen des „reinen Ausdrucks“ durch die Artikulation in der Darstellung ab, gebunden an die kategorialen grammatischen Vorgaben (in expliziter Anknüpfung an Husserl, etwa S. 150), und entwickelte die Frage der sprachlichen Vielheit mit einer Musterung der sprachwissenschaftlichen Ansätze zur Typologie (von Humboldt bis zu Finck), wobei die sprachliche Form (bei ihm die syntagmatische Artikulation des Sinngehalts im Gegensatz zur thematischen Füllung) auch die Übersetzbarkeit sichert, dazu insbesondere auch das Verhältnis von schriftlicher zu mündlicher Darstellung gerechnet (bei ihm verbunden mit der Kritik an einem phonographischen Schriftverständnis, 148).[5] Bemerkenswert im Horizont der sonst üblichen eher folkloristischen Verweise auf die Sprachenvielfalt ist seine positive Würdigung der „inneren Form“ des Chinesischen, dessen minimalistische grammatische Form er als intellektuelle Herausforderung für die dort vollzogenen kulturellen Leistungen anspricht.
Nicht zuletzt in Reaktion auf Kritiken an einigen zugespitzten Formulierungen in seinem großen Aufriß (1928) hat er später seine sprachtheoretisch orientierten Überlegungen nochmal aufgenommen und präzisiert: in „Lachen und Weinen. Eine Untersuchung nach den Grenzen menschlichen Verhaltens“.[6] Hier stellte er der Freisetzung der artikulierten sprachlichen Potentiale, als spezifischen Formen des kognitiv kontrollierten Umgangs des Menschen mit seinen Ressourcen, deren Grenzen in existenziellen Krisen gegenüber (vgl. S. 175), in denen diese Kontrolle aussetzt und leibunmittelbare Verhaltensweisen durchbrechen: eben Lachen und Weinen. Während in der Sprache „die Sprache spricht“, wie er hier Husserl paraphrasierte (S. 54), drückt sich in diesen leibdirekten Verhaltensweisen die Person aus: bei ihnen scheitern daher auch alle Versuche der artikulierten Übersetzung (sie lassen sich nur beschreiben). Gegenüber diesem leibnahen Grenzbereich ist die Sprache als vom Menschen Geschaffenes definiert durch die Möglichkeit ihres Ausbaus (sie ist „entwicklungsfähig“ im Verhältnis zu den Anforderungen der Lebensgestaltung). Mit diesen Überlegungen bietet P nach wie vor einen Ansatzpunkt zur Überwindung der üblichen kommunikativ reduzierten Engführungen in der gegenwärtigen disziplinären Sprachreflexion.
Mit den zeitgenössisch üblichen Versuchen, Sprache in der Fluchtlinie von „Mythen“ auf ihre „gemeinschaftsbildende“ Funktion zu reduzieren (vgl. hier auch bei Cassirer und Voegelin), vor allem mit rassistischen Formationen, setzte er sich in „Grenzen der Gemeinschaft. Eine Kritik des sozialen Radikalismus“ auseinander.[7] Die soziale Dimension der Sprache ist für ihn grundlegend: die reflexive Dimension des Menschseins ist in der sozialen Erfahrung verankert, in der der Mensch sich erst in sozialen Formen („Rollen“) selbst begegnet (auch in dem „Stufen“-Buch 1928 entwickelte er die Strukturen der Personwerdung in den Formen des Selbstbezugs in den Kategorien der grammatischen „Personen“ ich / du / er, s. dort bes. S. 300). Die Ausbildung gesellschaftlicher Formierungen ist als „Hygienesystem der Seele“ (S. 121) unumgänglich; um zu greifen, müssen diese mit Inhalten gefüllt werden, bei denen den Menschen „warm wird“ (S. 104). Diese Bedingung erfüllen auch rassistische Formationen, die damit deutlich machen, daß die Gestaltung der Möglichkeitsräume zwangsläufig riskant ist und in Abgründe führen kann.
Während er auf der Folie einer deutschnationalen Haltung zunächst auch der nationalsozialistischen Bewegung einiges abgewinnen konnte, kam er im niederländischen Exil zu einer grundsätzlichen Kritik, vor allem auch in Hinblick auf die rassistische Verfolgung (s. Dietze, Q, für Hinweise, auch auf die darauf bezogenen Diskussionen). Diesem Thema ging er vor allem auch in seinen Vorlesungen nach, die er im Rahmen einer Art Studium generale hielt und die in Groningen auch großen Anklang fanden. Schon seine Antrittvorlesung 1938 hatte er auf Niederländisch gehalten; aber in seinen Seminaren sprach er wohl weiterhin in der Regel deutsch - damals in den Niederlanden wohl relativ unproblematisch. Zu seiner späteren Neuorientierung trug seine Gastprofessur in New York 1962/63 (s.o.) bei, bei der er eine enge Beziehung zu der "Schule" von A. Schütz (und damit wieder von Husserl) herstellte: als Folge davon besorgte er die deutsche Ausgabe des inzwischen auch in der sprachwissenschaftlichen Diskussion einflußreich gewordenen Werks von P. L. Berger / T. Luckmann, The social construction of reality".[8]
Die Rezeption von P.s Werk ist widersprüchlich. Nach dem Krieg war sie bestimmt von der offen ausgetragenen Auseinandersetzung mit A. Gehlen, dessen großer anthropologischer Entwurf direkter als bei P an einzelwissenschaftliche Forschungen anzuschließen war. [9] Dabei ging es vordergründig um Fragen der Priorität (bzw. den Vorwurf des Plagiats), letztlich aber um die Spannung zwischen einem Vertriebenen und Verfolgten gegenüber jemand, der als Parteigänger im deutschen Faschismus eine Erfolgskarriere machte.[10]
Die dadurch definierte eher marginale Position in der deutschen Diskussionsszene änderte sich erst gegen Ende seiner aktiven Zeit in Göttingen. 1961 legte er einen kompakten Abriß seines anthropologischen Unternehmes vor: „Die Frage nach der conditio humana“.[11] Dort geht er auch die Sprachfrage systematisch an und bestimmt Sprache (die damit gegebene Möglichkeit der Darstellung) als grundlegende Ressource, die spezifisch menschliche Distanz zur Welt zu ermöglichen. Im Sinne der von ihm auch hier herausgestellten leiblichen Fundierung aller höheren Fähigkeiten kommt der Lautsprache (der Stimme) zwar eine fundierende Rolle zu, aber er betonte, daß sie als mediale Besonderheit nicht mit Sprache gleichzusetzen ist (in der Gebärdensprache oder der Schrift sind die gleichen Leistungen möglich). Pointiert entwickelte er hier das für die conditio humana grundlegende Konzept des Ausbaus der "natürlichen" Fähigkeiten. Dieser führt zu einer Entlastung gegenüber den Anforderungen des Lebens, denen nicht wie bei Tieren eine instinktive Angepaßtheit an die Umwelt gegenüber steht. Aber die dabei eingespielten entlastenden Routinen (im kommunikativen Alltagshandeln) können gewissermaßen wieder als zweite Natur erstarren (vgl. S. 52). Der Ausbau impliziert eine permanente Anstrengung gegen die Tendenz zur Renaturalisierung - jedenfalls wenn der Mensch der conditio humana gerecht werden will. Auch in diesem summarischen Abriß betonte er, daß Sprache zwar als kulturelle Ressource den Menschen als soziales Wesen begründet (der als Person sprachlich aufgerufen wird, indem er seinen Namen bekommt, vgl. S. 62), daß das aber auf einem Außen gegenüber dem beruht, in dem die Person verankert ist. In Krisensituationen kollabiert dieses kulturell kontrolliere Außen und bricht in Lachen oder Weinen die „menschliche Natur“ durch (S. 71 – 73).
Eine sprachwissenschaftliche Rezeption von P.s Werk steht nach wie vor aus. Dabei ist offensichtlich, daß die sprachwissenschaftliche Analyse im engeren Sinne bei P keine Ansatzpunkte findet - im Gegensatz zu systematischen sprachtheoretischen Unternehmungen. In diesem Feld zeigen die endemischen Versuche, Sprachstrukturen mit den dazu geforderten biologischen (neuerdings vor allem: neurologischen) Ressourcen zu verbinden,[12] einen blinden Fleck – generell in der Ignoranz gegenüber der Philosophischen Anthropologie, insbesondere aber auch gegenüber den Arbeiten von P. Diese gehören aber zur Sprachforschung und sollten daher auch in der Diskussion systematisch aufgenommen werden.[13]
Q: BHE; Schriftenverzeichnis in der Festschrift: K. Ziegler (Hg.), Wesen und Wirklichkeit des Menschen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1957: 398-403. J. Fischer, Philosophische Anthropologie. Eine Denkrichtung des 20. Jahrhunderts. Freiburg: Alber 2008; C.Dietze, Der eigenen Wissenschaft treu bleiben. H.P. im niederländischen Exil, in: H. Lehmann / O.G. Oexle (Hgg.), Nationalsozialismus in den Kulturwissenschaften. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2004, Bd. 2: 417-449. Eine 10bändige Werkausgabe ("H.P. Gesammelte Schriften") ist von 1980 - 1985 erschienen (Frankfurt: Suhrkamp).
[1] Max Scheler (1874-1928). 1899 Habilitation U Jena, danach Professuren in München, Göttingen und Berlin, 1921 U Köln, 1928 noch bis zu seinem Tod U Frankfurt. Scheler war eine der schillernsten Gestalten der intellektuellen Szene der 1920er Jahre, nicht zuletzt aufgrund zahlreicher privater Skandale, die zur Auflösung seiner Dienstverhältnisse führten. In seinen philosophischen Entwürfen versprach er Antworten auf die „großen“ Fragen der Zeit, vor allem auch der Religion (besonders in Auseinandersetzung mit dem Katholizismus). Seit Mitte der 1920er Jahre entwickelte ein Programm zur Philosophischen Anthropologie, zuerst gemeinsam mit P, dann aber in zunehmend verschärfter Konkurrenz zu diesem, die in Plagiatsvorwürfen mündete, die P.s Karriere blockierten (s. Fischer, Q, für eine detailreiche Darstellung). Sein großer Entwurf dazu ist „Die Stellung des Menschen im Kosmos“ (Bonn: Bouvier 1928), auf der Grundlage eines Vortrags, in dem er seine Überlegungen bis zur Sprache durchzieht – während dieser Abschnitt in der Druckfassung fehlt, wo statt dessen die Religion den Abschluß bildet.
[2] Entsprechende Verweise finden sich in den frühen Arbeiten durchgängig, s. auch seine Würdigung von Husserls Werk „Phänomenologie. Das Werk Edmund Husserls (1959-1938)“, zuerst unter dem Pseudonym Ulrich Eyser 1838 in der Schweiz publiziert, repr. in seiner Werkauswahl „Zwischen Philosophie und Gesellschaft“, Bern: Francke 1953: 39 – 116; zur angeführten Kritik s. dort S. 59.
[3] Berlin: de Gruyter 1928. Hier zitiert nach dem Nachdruck Berlin: de Gruyter 1975.
[4] Bonn: Cohen 1923.
[5] Formal konstruierte System wie in der Mathematik sind für P insofern grenzwertig.
[6] Arnhem: von Loghum Slaterus 1941 – seine letzte noch in den besetzten Niederlanden möglich „offene“ Publikation.
[7] Bonn: Cohen 1924.
[8] New York: Doubleday 1966. Die von P eingeleitete deutsche Ausgabe (P. L. Berger / T. Luckmann, "Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit", Frankfurt: Fischer 1980) beruht auf einer Übersetzung von P.s Frau Monika (geb. Atzert, 1913-2008), die er 1952 nach seinem Umzug nach Göttingen geheiratet hatte. Sie war vorher Leiterin der Volkshochule in Lemgo, hatte aber wohl schon damals begonnen, sich mit Fragen des Exils zu befassen, zu denen sie später auch eine eigene Monographie veröffentlichte ("Die Argonauten auf Long Island", Berlin: Rowohlt 1995).
[9] Arnold Gehlen (1904-1976). Gehlen hat diese Seite in seinem eigenen anthropologischen Entwurf (Der Mensch, 1940) sehr viel systematischer entwickelt, in dem er vor allem auch die Dimension des Ausbaus, explizit auch des Sprachausbaus in Auseinandersetzung mit den wachsenden Anforderungen der gesellschaftlichen Reproduktion entfaltete. Gehlen war in der NS-Zeit eine auch politisch geförderte Schlüsselfigur der politisch genehmen Philosophie (er erhielt 1940 eine Professur an der U Wien). Der biographische Gegensatz zu dem Verfolgten P artikulierte das Verhältnis zwischen beiden nach dem Krieg – von Ps Seite aus mit Plagiatsvorwürfen bestückt.
[10] Schließlich verschoben sich die intellektuellen Frontstellungen in den 1960er Jahren, als die philosophische Anthropologie zunehmend unter den Generalverdacht eines affirmativen Wissenschaftsunternehmens geriet, wobei die politisch offen rechten Positionen (prominent damals vertreten durch Gehlen) und die von P. in eine Fluchtlinie geschoben wurden. Diese Kritik wurde vor allem in der Frankfurter Kritischen Theorie entwickelt, sodaß die Beiträge von Adorno und Horkheimer zur Festschrift für P (1957, s. Q) einigermaßen kurios sind, s. dazu Fischer, Q.
[11] Zuerst als Einleitung in die „Propyläen Weltgeschichte“ (Berlin 1961) veröffentlicht, dann von ihm selbst in einem Sammelband „Conditio humana“ (Frankfurt: Suhrkamp 1976: 7 – 81).
[12] Am extremsten so in der generativistisch proklamierten „Biolinguistik“, s. etwa N. Chomsky, The science of language. Interviews with McGilvray. Cambridge: Cambridge univ. press 2012.
[13] Ansatzpunkte dazu gibt es bei M. Tomasello, Origins of Human Communication (Cambridge; Mass.: MIT 2008), der dort auch die Repräsentation von Sachverhalten als kritische Schwelle zur Abgrenzung von tierischem, kommunikativ ausgerichtetem Verhalten herausgestellt hat. Nicht umsonst erhielt Tomasello für seine Arbeiten 2014 auch den Preis der Helmuth Plessner Gesellschaft.