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Seligso(h)n, Gerda M.

(geb. Kroner)

Geb. 23.3.1909 in Freiburg/Br., gest. 1.6.2002 in Ann Arbor.[1]

 

Nach dem Abitur studierte S. an den Universitäten Heidelberg, Kiel, Göttingen und Berlin und schloß das Studium 1933 in Berlin mit einem Staatsexamen ab (mit einer Arbeit über Platon).[2] 1933 emigrierte sie als praktizierende Jüdin vor der rassistischen Verfolgung nach Italien, wo sie als Privatlehrerin tätig war. 1935 heiratete sie Rudolf Seligsohn, der von 1934 bis 1939 in Bonn als Rabbiner tätig war, emigrierte aber weiter nach England, wohin ihr ihr Mann folgte (mit einer Gruppe von Schülern der Kölner Jawne-Schule, s. hier bei Levy). Bis 1943 betrieb sie dort mit ihrem Ehemann eine Internatsschule für Flüchtlingskinder; ihr Mann diente während des Krieges in der britischen Armee und fiel 1943.

Nachdem sie ihr Studium in Abendkursen wieder aufgenommen hatte, studierte sie seit 1943 regulär an der Londoner Universität (1945 mit dem B.A. abgeschlossen). 1943-1947 war sie an öffentlichen und privaten Schulen tätig. 1947 emigrierte sie weiter in die USA, wo sie wieder als Lehrerin tätig war und zugleich das Studium an der Columbia Universität in New York fortsetzte (1955 mit dem M.A. abgeschlossen). Seit 1961 lehrte sie an der Universität Michigan in Ann Arbor (als Assist. Prof.,1965 Assoc. Prof., 1973 o. Prof., jeweils für Classical Studies), 1979 wurde sie emeritiert. ).

Neben Forschungen zur römischen Literatur hat sie sprachwissenschaftlich gearbeitet, vor allem mit einer sprachdidaktischen Ausrichtung zu den »klassischen« Sprachen Latein und Griechisch. Bereits in New York hatte sie begonnen, sich in die strukturelle Sprachwissenschaft einzuarbeiten, in Verbindung mit Waldo Sweet (zunächst an der Universität Pennsylvania, seit 1953 an der Universität Michigan). In enger Zusammenarbeit mit diesem hat sie einen rigiden strukturellen Sprachkurs in Latein entwickelt (gemeinsam mit W. S. Sweet/R. S. Craig, »Latin. A Structural Approach«).[3] Der Unterricht erfolgt in strikt direkter Methode und »Pat­tern Drill« (abgestellt auf das Sprachlabor). Latein wird als an­dere Sprache mit einer eigenen Struktur gelehrt (in der Einleitung syste­matisch u.a. dem Chinesischen und einer Indianersprache gegenüber­gestellt). Gleichzeitig wird von Anfang an nur mit belegten Sätzen gearbeitet – und zur Arbeit mit Originaltexten hingeführt (u.a. auch mit Inschriften, S. 359-360). »Uneuropäischer« kann ein Sprach-Lehr­buch für eine klassische Sprache gar nicht sein. Die späteren fortlaufenden Bearbeitungen dieses Lehrwerks folgen den Entwicklungen des sprachwissenschaftlichen Mainstreams: in den 60er Jahren mit dem Fokus auf der Syntax (mit der Identifizierung eines syntaktischen Kerns gegenüber den Expansionen im Satz), in den 70er und 80er Jahren mit dem Fokus auf der semantischen Fundierung der grammatischen Strukturen, insbesondere auch mit Blick auf die Informationsstruktur (in Anlehnung an eine »Diskursanalyse«). Das Ergebnis dieser Bearbeitungen war ein neues Lehrwerk »Latin for reading«.[4]

Q: BHE; DAS; Univ. Michigan: Faculty History Project (http://um2017.org/faculty-history/faculty/gerda-m-seligson/memoir) (Okt. 2012). Der Nachlaß der Familie Seligso(h)n-Kroner liegt im Leo-Baeck Institut (N.Y.).



[1] In den USA änderte sie (wie auch die anderen dort lebenden Familienangehörigen) die Schreibweise ihres Namens.

[2] Nach Hinweisen im Nachlaß wohl bei Jaeger.

[3] Ann Arbor: Univ. Michigan 1957, 2. Aufl. 1966 von G. S. und R. S. Craig.

[4] Ann Arbor: Univ. Michigan 1982. S. dazu D. Ross, »Michigan Latin: Past, Present and Future«: www.umich.edu/~cfc/rosslatin.htm (Jan. 2009).