Cassirer, Ernst Alfred
Geb. 28.7.1874 in Breslau, gest. 13.4.1945[1] in New York.
Nach dem Abitur 1892 in Breslau studierte C. zunächst Jura, dann Germanistik (er hörte aber auch die allgemeinen/vergleichenden Sprachwissenschaftler), schließlich mit Schwerpunkt Mathematik und Philosophie in Berlin, Leipzig, Heidelberg, München und Marburg, wo er 1899 (bei H. Cohen) mit einer Arbeit über Descartes promovierte (s.u.). 1906 habilitierte er in Berlin, nach wiederholten vergeblichen Versuchen anderswo (Marburg, Straßburg, München) – der Antisemitismus, den er hier, selbst ohne eigene große Bindung ans Judentum im religiösen Sinne (s. Toni Cassirer 1981, Q), erfuhr, wurde für ihn zu einer konstanten Lebenserfahrung, s. Hänel (2004) für frühe Auseinandersetzungen. Im ersten Weltkrieg war er als Zensor im Kriegspresseamt tätig.
Mit der Universitätsgründung in Hamburg wurde er 1919 dort zum o. Prof. für Philosophie ernannt, wo er bereits 1914 an der Vorläuferinstitution erfolgreich gelehrt hatte. 1929-1930 amtierte er dort auch als Rektor und nahm dieses Amt mit demonstrativ politischer Zielsetzung wahr (gestützt von Teilen des liberalen hamburgischen Bürgertums). In diesem Sinne hatte er sich als einer der nicht allzu vielen Hochschullehrer öffentlich zur Weimarer Republik und ihrer Garantie der Menschenrechte bekannt (s. »Die Idee der republikanischen Verfassung«). [2] Die politische Entwicklung in Deutschland analysierte er sehr realistisch (auch was die Rolle des »Volkes« dabei betraf), und so bereitete er bereits 1932 die Emigration seiner Familie vor. Gleich nach Hitlers Ernennung zum Kanzler (30.1.33) stellte er mit politischer Begründung einen Beurlaubungsantrag für das Sommersemester und reiste in die Schweiz. Diese realistische Einstellung ermöglichte es ihm, auch später noch (bis 1936) wiederholt nach Deutschland zu fahren bzw. dort durchzureisen und mit den Behörden erfolgreich die Freigabe seiner Privatbibliothek auszuhandeln.
Als einer der prominentesten Verfolgten erhielt C. sofort mehrere Rufe aus dem Ausland (Schweden, USA, England), von denen er zunächst 1933-1935 eine Forschungsstelle in Oxford annahm, dann 1935 nach Schweden emigrierte, wo er an der Universität Göteborg eine persönliche Professur erhielt (auf eigenen Wunsch: er wollte unter den damaligen ökonomischen Bedingungen nicht mit schwedischen Kollegen um eine reguläre Stelle konkurrieren). Hier engagierte er sich (wenn auch unter den gegebenen schwedischen Verhältnissen nicht sehr erfolgreich) für seine Schicksalsgenossen;[3] 1936 wurde er in den Londoner Listen der »Notgemeinschaft« verzeichnet. 1941 emigrierte er weiter in die USA, wo er bis 1944 in Yale, dann bis zu seinem Tod an der Columbia Univ. in New York als Gastprofessor lehrte, und u.a. auch enge Kontakte mit anderen Emigranten hatte (so mit Kurt Goldstein, einem Vetter seiner Frau, Richard Hoenigswald u.a.). Da er schon früh analysiert hatte, daß die Verhältnisse in Deutschland keine Frage vorübergehender Ereignisse waren, weigerte er sich auch gegen Kriegsende, bei dem von P. Tillich initiierten »Council for a Democratic Germany« mitzuwirken (s. Toni Cassirer 1981 [Q]: 324).
Es ist hier nicht möglich (auch aufgrund meiner unvollständigen Textkenntnis!) das gesamte Werk von weit über 100 substantiellen Arbeiten C.s zu würdigen.[4] C. war einer der einflußreichsten Neukantianer, wie schon mit der von ihm (mit H. Cohen u.a.) herausgegebenen 11bändigen Kantausgabe dokumentiert wird.[5] Ein spezifisches Profil erhielt er nicht zuletzt in der Auseinandersetzung mit Heidegger. [6] Sein ungemein umfangreiches Œuvre hat einen geradezu enzyklopädischen Zuschnitt in der Fülle der behandelten Themen, ist aber zentriert um die philosophiegeschichtliche Frage nach der Modernen, ausgehend von der Renaissance-Philosophie. Das spiegelt sich auch in seinen großen Werkausgaben (außer zu Kant insbesondere noch zu Leibniz). Seine Dissertation (»Descartes' Kritik der mathematischen und naturwissenschaftlichen Erkenntnis«)[7] konzipierte er bereits als ersten Teil einer größeren Arbeit über die erkenntniskritischen Probleme der gerade im Neukantianismus als grundlegend schlechthin gesetzten naturwissenschaftlichen »Erfahrungsbegriffe«. Indem er die Konstitutionsfrage der »exakten« Wissenschaften als die nach ihren symbolischen Darstellungsformen reformulierte, kam er zur Notwendigkeit einer umfassenden Sprachtheorie (für die er philosophiegeschichtlich den Ansatzpunkt bei Leibniz sah), s. »Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit« [8] – in der Fragerichtung durchaus parallel mit dem Wiener Kreis, dessen Positivismus er dort indirekt im 3. Bd. kritisierte. Für die sprachwissenschaftliche Diskussion ist seine Kritik an der romantischen Tradition wichtig, die die Bindung von Denken an Symbolstrukturen ungenügend von spezifischen historischen Sprachstrukturen trennt (bes. Bd. II: 167ff. [i. S. neuerer kognitiver Ansätze wichtig seine Abgrenzung von Abbild und Modell], Bd. IV: 234ff. zu Grimm ff.). Indem er so die spezifische Leistung der exakten Wissenschaften analysierte, relativierte sich für ihn aber auch deren Sonderstellung. In der Folgezeit bemühten sich seine wissenschaftstheoretischen (bzw. wissenschaftsgeschichtlichen) Arbeiten vor allem, den Status der »Geistes-« bzw. Kulturwissenschaften zu klären, der seit der Jahrhundertwende zunehmend von den formalen Entwicklungen in Logik und Mathematik bestimmt wird (s. bei Husserl). In diesem Zusammenhang arbeitete er genauso über die Relativitätstheorie wie über hermeneutische Fragen.
Bei seiner Reflexion auf die Prämissen philosophischer/wissenschaftlicher Systeme erhielt so die Sprache einen ausgezeichneten Stellenwert, weshalb er sich auch systematisch mit sprachwissenschafltichen Positionen auseinandersetzte. Dabei sind für das Fach wichtiger noch als seine direkten Stellungnahmen zu den damaligen sprachwissenschaftlichen Diskussionen seine systematischen wissenschaftstheoretischen Grundlegungen, die eine funktionalistische Rekonstruktion der Sprachphilosophie begründen – die sprachwissenschaftlich, soweit ich sehe, aber noch nicht rezipiert sind. Bereits 1910 hatte er in einem Frühwerk die Abhängigkeit der Reflexions- (und Darstellungs-) Formen von dem Kontext gezeigt, in dem sie praktiziert werden – was ihre direkte Vergleichbarkeit ausschließt [9]. Diesen Funktionalismus entwickelte er in seinem ganzen Werk systematisch weiter, der es für ihn ausschloß, die unterschiedlichen Arten der Sprachpraxis zu homogenisieren, wobei er explizit Kants kritisches Unternehmen als Modell setzte, der eben auch drei systematisch verschiedene Kritiken ansetzte, die nicht auf eine reduzierbar sind (die Kritik der reinen Vernunft [von C. paraphrasiert als "theoretische Vernunft"], der praktischen Vernunft und der Urteilskraft)[10].
In diesem Sinne waren für ihn auch vorszientifische Denkformen (Mythen...) nicht durch theoretische Gebilde entwertet, nicht anders als künstlerische ("ästhetische") Darstellungen neben rational artikulierten sprachlichen Bestand haben. Es ist bemerkenswert, wie weit die Übereinstimmung in der Fragestellung (wenn auch nicht in den Antworten!) hier zwischen C. und analytischen Philosophen wie Carnap, Ajdukiewicz u.a. reicht: So unterschiedlich die Prämissen ihrer Ansätze sonst waren, so waren sie eindeutig gegen eine dogmatische Etablierung bestimmter Theoriekonstrukte gerichtet, erst recht gegen den Dogmatismus einer reklamierten Wahrheit als Abbildung der Realität in einer bestimmten Theorie; sie forderten, begriffliche Systeme strukturell als begriffliche Konstrukte zu fassen und in Hinblick auf die aus ihrem Praktizieren erwachsenen Konsequenzen zu beurteilen. Die damit herasusgestellte Inkongruenz »exakter« Theorieformen mit bestimmten Fragen der Sprachanalyse stellte für C. eine Aufgabe (so wie sie für Carnap der Grund eines »Formalisierungsprogramms« für die »natürlichen Sprachen« war).
Analog zu Kants transzendentalem Unternehmen suchte C. einen festen kategorialen Rahmen für seine Analysen, den er als den des Symbolischen bestimmte. Durchaus im Takt mit den zeitgenössischen Anläufen zur Philosophischen Anthropologie (s. hier bei H. Pleßner) fundierte er dieses im spezifischen menschlichen Umgang mit der Welt, die, anders als die animalische Umwelt, vom Menschen produziert werden muß: als Strukturierung der Erfahrungen, die Zusammenhänge zwischen Erfahrenem herstellt, mit sinnhaften Strukturen, die nicht durch die "Dinge" vorgegeben sind [11]. In diesem Sinne unternahm er seit Anfang der 1920er Jahre vor allem in Verbindung mit der Hamburger Warburg-Bibliothek die systematische Arbeit an dem, was dann sein Hauptwerk werden sollte: die Symbolischen Formen, wodurch er eine wichtige Bezugsgröße für die zeitgenössische Sprachforschung wurde. In der Warburg-Bibliothek hatte C. ein seinem enzyklopädischen Anspruch kongeniales Forum; und so veröffentlichte er dort auch eine Reihe dieser frühen Arbeiten, oft auf der Grundlage von dort gehaltenen Vorträgen.[12] Den Abschluß dieser Arbeiten bildete »Die Philosophie der symbolischen Formen« (Teil I: Die Sprache, Teil II: Das mythische Denken, Teil III: Phänomenologie der Erkenntnis; zusätzlich ein Registerband);[13] einen abschließenden vierten Band hat er nicht mehr fertiggestellt: eine Vorfassung, betitelt "Metaphysik der symbolischen Formen", von Ende der 1920er Jahre hatte er mit ins Exil genommen, sie dann aber bei seinem Sohn Peter in Göteborg zurückgelassen.[14]
Explizit als Weiterführung der zeitgenössischen Ansätze zu einer Philosophischen Anthropologie bestimmte C. die Fähigkeit zum Symbolisieren als menschliche Grundfähigkeit, die das Leben in der Welt ermöglicht - statt einem Verhalten in einer Umwelt wie bei Tieren.[15] Die Fähigkeit zum Symbolisieren ist für ihn die Grundlage für die spezifisch menschliche Art, mit der Welt umzugehen: die Erfahrungen auszulegen. Dafür bestehen für ihn drei in gewisser Weise parallele Optionen: im Mythos, in der Sprache und in den Wissenschaften (als eigene Modalität führt er gelegentlich die Kunst an). Dabei handelt es sich für ihn unterschiedliche Formen der Verwirklichung genuin menschlicher Potentiale. Obwohl er deren jeweilige Besonderheit herausstellte, lassen sie sich für ihn doch in einem hierarchischen Verhältnis sehen, begründet in einer damit wachsenden Distanz zum tierischen Dasein. Dabei hat Sprache in seiner Argumentation einen ambigen Status. In einer solchen Stufenkonzeption versteht C. Sprache als Ausbauform im Sinne dessen, was dann zu einem "geisteswissenschaftlichen" Topos von einem Entwicklungsschritt vom Mythos zum Logos wurde[16]: in diesem Sinne geht es um die "logische Leistung der Sprache" (IV: 74) und nicht um ihre Funktion in der kommunikativen Praxis, von der Sprache in seinem Sinne sich freizumachen erlaubt. Gleichzeitig musterte C. aber sehr detailliert die formalen Ressourcen der Sprachen - hier dann auch im Plural der beobachtbaren unterschiedlichen sprachlichen Bauformen. Diese sind konstitutiv für alle Auslegungen der Lebenspraxis, auch in den ansonsten vor ihm als parallel angesprochenen "Sinngebilden" (IV: 102) des Mythos, der Kunst oder der Wissenschaft. Daraus resultiert eine Ambiguität in C.s Argumentation, wie nicht zuletzt auch bei seinem Terminus Mythos deutlich ist: [17] einerseits (und insofern aber grundlegend) als "primitive" Lebenspraxis, die in Kulten ausagiert wird, im rituellen Vollzug einer damit anwesend gemachten Vorgeschichte, und insofern jenseits der sprachlichen Artikulation (jenseits dessen, was in der philosophischen Tradition der Antike der logos apophantikos ist); [18] andererseits aber repräsentiert in erzählten Mythen, auch wenn die Erzählung an kultische Praktiken gebunden ist (wie bei den australischen Aboriginees). Nur gelegentlich spricht C. diese Ambiguität an, so wenn er mythische Erzählungen als Sage (so auch im wörtlichen Sinne) vom Mythos im "primitiven" Sinne abgrenzt (s. IV: 85).
Sprache im Sinne dieses Gegensatzes ist eine Denkform, die mit den symbolischen Ressourcen der sprachlichen Formen Konzeptuelles festhalten kann, also im Fluß der Vorstellungen isolieren kann. Mit ihnen kann der Mensch aus diesem Fluß heraustreten: sie sind im Kern diakritische Elemente, die eine kognitive Distanz zum Erlebten ermöglichen - eine Distanz, die sich in der sprachlichen Form des Habens der Vorstelllungen ausdrückt, in deren Vollzug der Mensch nicht mehr nur gefangen ist. C. argumentierte mit einem emphatischen Verständnis von Sprache, dessen Verhältnis zur "trivialen" Alltagskommunikation bei ihm (jedenfalls zunächst, s. aber w.u. zum Spätwerk) nicht wirklich thematisch wird - außer daß C. immer auf der Nicht-Reduzierbarkeit von Sprache auf Kommunikation insistierte. Ihm ging es um die für Sprache konstitutive symbolische Grundstruktur, die mit einem jeweils konkret Bezeichneten immer einen Hof von möglichen Bezeichneten eröffnet (dem symbolischen "Überschuß", wie er gelegentlich sagte), die sich daher nicht auf das empraktische Funktionieren in einem situativen Kontext reduzieren läßt (wie es sich auch bei proto-symbolischen Aktivitäten von Tieren, etwa von höheren Primaten, findet).[19]
Damit blieb C. in den Bahnen des Entwicklungsdenkens des 19. Jhd. Mit der von ihm reklamierten „Phänomenologie“ (so im Vorwort zu Bd. I und dann auch im Titel von Bd. III) ging er einerseits ausdrücklich auf die vortheoretische Konzeptualisierung der Erfahrungen zurück (so wie der Terminus zeitgenössisch üblich war), andererseits schloß er explizit an Hegel an, nicht an Husserl, so sehr er diesem auch für die Klärung seines Zeichenbegriffs verpflichtet ist und so auch öfters auf ihn verweist. Die Herausbildung symbolischer Formen bestimmte C. in einer großen (spekulativen) Projektion als Überwindung naturhaften Lebensformen: als Ressource für die Deutung der Aktivitäten - mit der angesprochenen Ambivalenz in der Bestimmung von Sprache (insofern gehört eben auch der Mythos dazu). Klärend auch für die neueren sprachtheoretischen Diskussionen kann dabei seine Feststellung sein, daß sprachliche Zeichen nicht als Form von ansonsten unbestimmtem Material fungieren, sondern als ihren Ausdruck bereits geformtes Material nutzen (mit Formen, die z.B. in den Feldstrukturen der sinnlichen Wahrnehmung fundieren, was sich im Aufbau höherstufiger Zeichen fortsetzt: die zeitliche Artikulation im metaphorischen Rückgriff auf räumliche, vgl. I: 170-171, u.a. mehr). Damit kann C. den immer wieder ins Spiel gebrachten „ikonischen“ Ausdrucksformen ihren Platz zuweisen: einerseits als grundsätzlich von der Sprache überholter symbolischen Form, andererseits als weiterhin verfügbare Ausdrucksressource, s. I: 132 ff.
Im sprachwissenschaftlichen Horizont ist von seinem Hauptwerk vor allem Bd. I der "Symbolischen Formen" rezipiert worden, in dem er eine Fülle von Material aus allen möglichen Sprachen/Kulturen akkumuliert, um die »apriorischen« Strukturen symbolischer Praxis in der Vielfalt der historischen Entwicklungsformen zu bestimmen, wobei er alltäglich genutzte Strukturen (insbes. grammatikalische »Denkformen« in Kategorien wie Genus, Numerus, Tempus, Aspekt u. dgl.) systematischen Objektivierungen in wissenschaftlichen Systemen, die in diesen Strukturen artikuliert sind (z.B. physikalische Zeitauffassung u. dgl.), gegenüberstellte. Auch wenn seine Kompilation aus der damals schon weitverzweigten Forschung zu den verschiedensten Sprachen beeindruckend reichhaltig ist, so liefert sie ihm doch letztlich nur das Material für die Identifizierung von von ihm daraus extrapolierten unterschiedlichen Denkformen. Explizit schloß der damit an Humboldt an, in dessen sprachtheoretischem Werk er gewissermaßen den Abschluß des Kantischen Unternehmens sah, bei dem bis dahin Sprachfragen ausgeklammert waren (s. den in Fn [10] angeführten Aufsatz von 1923). Wie Humboldt insistierte er in seinen allgemeinen Überlegungen auf der Priorität des Satzes gegenüber den darin nur auszugliedernden Wörtern (s. z.B. Bd. I: 281), [20] aber in seiner ansonsten ausgesprochen detailreichen Darstellung der Sprachverschiedenheit blendet er die Artikulation von Äußerungen (ihre grammatische Form) aus. Nur eher marginal diskutiert er syntaktische Strukturen, und auch dann immer in Hinblick auf daran festgemachte kulturelle Entwicklungsstufen, z.B. I: 293 zur Copula als Lösung von "primitiven" Satzwortstrukturen oder I: 288ff. zur Hypotaxe als Überwindung parataktischer Reihung. Durchgehend greift seine typologische Musterung grammatischer Kategorien gewissermaßen durch die damit bewerkstelligte sprachliche Praxis direkt durch auf mit ihnen verbundene Vorstellungen: es ging ihm um die damit zu fassende "innere Form" der Sprachen, als sprachspezifische begriffliche Strukturierungen (explizit so I: 256).
Dabei sind seine Referate zu sprachlichen Erscheinungen nach wie vor aufschlußreich: detailliert zu grammatischen Formen wie z.B. zeitlichen Bestimmungen: Aspekt, Aktionsarten, Tempus (auch zu zeitlichen Markierungen an nominalen Formen, s. I: 175), nominalen Determinationsformen (Definitheitsmarkierungen, „possessivische“ Relationsmarkierungen, Quantifizierungen, insbesondere auch Zahlsysteme u.a. mehr). Aber sie sind für ihn letztlich nur von Interesse als Indikatoren für den darin ausgedrückten kognitiven Entwicklungsstand, den er durch eine genetische Rückprojektion auf darin aufzusuchende anschauliche etymologische Grundformen bestimmte, ggf. auch als symbolisches Festwerden von körperlich handfesten Aktivitäten wie z.B. das Abzählen bei den Zahlausdrücken, s. z.B. I: 186 ff. (analysiert auf der Folie der Operationen im homogenen Zahlenraums der Mathematik). Die Konsequenz daraus war, daß er die so diagnostizierten „Weltbilder“ in den verschiedenen Sprachen (ihre „innere Form“ als „Denkart“, die sprachlich vorgegeben ist, s. I: 245 und 257-8) direkt einer phylo- (bzw. sozio-) genetischen Entwicklungsreihe zuordnen konnte – worauf nicht nur Boas mit heftiger Kritik reagierte. In C.s. holistischer Herangehensweise an Sprache war erst recht kein Platz für eine Analyse der damit artikulierten unterschiedlichen Praxisformen in den identifizierten Sprachgemeinschaften – was ihn allerdings nicht von den meisten Arbeiten in der damaligen Sprachforschung unterscheidet, s. z.B. hier bei E.Lewy. Aufschlußreich (und wohl noch genauer zu explorieren) bleibt sein Ansatz, die Leistungsfähigkeit der verschiedenen sprachlichen Systeme durch ihre Abbildung auf ein rein formales Symbolsystem wie in der Logik zu fassen (s. Bd. III, Kap. 4 zu den mathematischen Symbolisierungen, einschließlich der logischen Satzformeln; vgl. damit z.B. die gleichzeitigen Ansätze bei Carnap). Andererseits war er bemerkenswert offen für das, was er als sprachlich in den Blick nahm, vgl. z.B. seine Auseinandersetzung mit der Aphasieforschung (bes. Teil III: 238ff.) - wobei er auch hier in seinem Entwicklungsschema blieb und in aphasischen Störungen vor allem einen Rückbau der sprachlichen Potentiale sah, ggf. dann zu mythischen Ausdrucksformen (so IV: 73).
Seine Darstellung ist von einer gewissen Ambivalenz gegenüber der Sprachwissenschaft bestimmt: auf der einen Seite führt er ausgiebig Illustrationen aus Beschreibungen von verschiedensten Sprachen (und damit aus sprachwiss. Quellen) an, auf der anderen Seite aber bilden diese für ihn nur ein großes Reservoir sprachlicher Ausdrucksmöglichkeiten, aus dem er ohne Kontrolle der systemischen Strukturen der jeweiligen Sprachen schöpfen kann (später, nach seiner Übersiedlung in die USA, verschob sich bei ihm allerdings dieses Verhältnis in Reaktion auf die strukturalistischen Arbeiten in den USA, s.u.). Zunächst waren es seine Kontakte zu seinen Hamburger sprachwissenschaftlichen Kollegen, die seine Sicht in diesen Dingen bestimmt hatten: so betonte er denn auch in seinen Arbeiten öfters die fruchtbare Auseinandersetzung mit diesen, insbes. seinen Hamburger afrikanistischen Kollegen (vor allem Meinhof). Vor dem Hintergrund seiner weitausgreifenden völkerkundlichen Exkurse zu dem Verhältnis von Sprache und Weltbild ist auch sein Beitrag zur Meinhof-FS [21]zu sehen (»Die Bedeutung des Sprachproblems für die Entstehung der neueren Philosophie«, S. 507-514), bei dem er insbes. Überlegungen zu dem Schlüsselbegriff der Debatte der damaligen Neuerer, den Stil anstellt (als Struktur einer persönlichen Ausprägung der Sprachpraxis, die die kulturelle Praxis der Sprachgemeinschaft fundiert, von dieser aber ihrerseits bestimmt ist; dort auch mit dem Ausgangspunkt bei Humboldt, S. 508); s. dazu etwa »Wesen und Wirkung des Symbolbegriffs«, eine Sammlung von Vorträgen, die er überwiegend in Hamburg an der Warburg-Bibliothek gehalten hat (in deren Studien 1922-1925 veröffentlicht) [22]. Ein anderer Hamburger, auf den er sich öfters für die "physiognomischen" Aspekte der Sprache bezog, war H.Werner [23]
Letztlich blieben für ihn aber Fragen der Sprachbeschreibung sekundär.[24] Die leitende Frage, nach der er das Sprachmaterial musterte, zielte auf die Verschiedenenheit der Sprachen als Grund für die verschiedenen Weltbilder (letztlich als verschiedene Stufen ein und derselben Sprach- bzw. Symbolfähigkeit des Menschen). So war für ihn die sprachliche Wende der neueren Philosophie (Vico, insbes. aber Humboldt, auf den er immer wieder zurückgreift) ein Angelpunkt der Moderne. Er kritisierte an den wissenschaftstheoretischen Systemversuchen der Jahrhundertwende, daß sie gerade bei der Gegenüberstellung von Natur- und Geisteswissenschaft die Sprachwissenschaft als Schlüsseldisziplin ausklammern. Von daher erklärt sich seine Präsenz in der sprachwissenschaftlichen Diskussion. In systematischer Hinsicht liegt seine Bedeutung (und zeitgenössische Wirkung / Rezeption) in erster Linie wohl in der anschaulich vorgeführten Unmöglichkeit einer Engführung der Sprachreflexion durch ihre versuchte Formalisierung (s. dazu bei bei Carnap), gegen die er nicht-"apophantische" Symbolformen ins Spiel bringt (und insofern auch die Mythen in ihr Recht setzt). Dadurch gibt es Parallelen zu den Arbeiten in der Philosophischen Anthropologie, s. hier bei H. Pleßner; in diesem Sinne nimmt auch Husserl Bezug auf ihn.
Zeitgenössisch wurde sein Unternehmen gleich auch von Sprachwissenschaftlern begrüßt (z.B. von Meillet in den verschiedenen Rezensionen zu den einzelnen Bänden der »Philosophie der symbolischen Formen«).[25] 1933 war er einer der Beiträger zu dem einflußreichen Sammelband »Psychologie du Language«.[26] Vielleicht hatte er auch in seinem schwedischen Exil Kontakte zu der dortigen Emigrantenszene in der Sprachwissenschaft; jedenfalls entwickelte er in Schweden seine die naturwissenschaftliche Erkenntnis- und Darstellungsform relativierende Symbol- und Sprachtheorie weiter und stellte jetzt die historisch entwickelten Formen heraus (explizit auch i. S. einer Stilanalyse), s. »Zur Logik der Kulturwissenschaften«.[27] Zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit der strukturalen Sprachwissenschaft kam er dann auf der Schiffüberfahrt von Schweden in die USA 1941, wo er mit Roman Jakobson zusammen reiste und die 14 Tage in intensiven fachlichen Debatten verbrachte (s. Toni Cassirer 1981 [Q]: 282).
Der Kontakt zu der sprachwissenschaftlichen Emigranten-Gruppe blieb nach seiner Weitermigration in die USA bestehen, und so hielt er am 10.2.1945, kurz vor seinem Tod, einen Vortrag im New Yorker Linguistenkreis, der postum in Word 1/1946 erschien (»Structuralism in modern Linguistics«, S. 99-120). Hier skizziert er die Einlösung des von ihm monierten wissenschaftstheoretischen Defizits der Sprachwissenschaft, indem er mit bemerkenswert detaillierten Kenntnissen den europäischen Strukturalismus (die US-amerikanische Diskussion zitiert er nicht) als logische Konsequenz moderner Wissenschaftsentwicklung seit den Anfängen im 19. Jhd. rekonstruiert. Explizit gegen die physikalistisch-induktive Programmatik gewendet (die, wie er nicht zuletzt von seiner Tätigkeit in Yale her wissen mußte, das gerade damals in den USA dominante Programm war, wie es etwa die damaligen Herausgeber von Language vertraten) zeigte er, daß seit Husserl ein Neuansatz zu einer methodologischen Fundierung der Wissenschaften (hier insbes. auch der Geisteswissenschaften) existiert, der diese auf formale Strukturprinzipien bzw. -erfordernisse gründet, die empirischen Beobachtungen gegenüber vorgängig bzw. invariant sind. Mit Hinweisen auf die Argumentation bei Saussure, Jakobson und Trubetzkoy zeigte er recht prägnant, daß diese methodische Neuorientierung in der Sprachwissenschaft mit ihrem Struktur- bzw. Systembegriff homolog zu den gleichzeitigen gestaltpsychologischen Entwicklungen ist.
Damit hatte C. die für die meisten Immigranten schmerzlichen Erfahrungen der Konfrontation mit einem aggressiv vorgetragenen anderen wissenschaftlichen Habitus in den USA auf einen bemerkenswert klaren Punkt gebracht. Sein früher Tod hat verhindert, daß er die von daher mögliche Rolle eines philosophischen Mentors der Sprachwissenschaftsdebatte noch hätte spielen können. Indirekt spiegelt sich eine Auseinandersetzung mit der US-amerikanischen Sprachwissenschaft in seiner, im Vorwort explizit zur Dankesgeste für die Gastfreundschaft in Yale erklärten, englischen Kurzfassung seiner »Symbolischen Formen«:[28] Außer daß er hier neben europäischen (z.B. Saussure, S. 122) auch Bloomfield, Sapir u.a. anführt (etwa zur Phonologie, S. 126), tritt hier die »Weltbild«-Argumentation i. S. der frühen deutschen Diskussionen zurück – dafür betont er umso deutlicher die Potentiale der Sprache als Mittel zur »Selbstbefreiung des Menschen« (S. 228 mit Verweis auf Husserl; vgl. in diesem Sinne jetzt auch die anderen Akzente bei der Besprechung logischer Entwicklungen, etwa zu Carnaps »Logischer Syntax«, S. 128).
In C.s späten Arbeiten konvergiert diese analytische Herangehensweise mit der Verarbeitung seiner lebensgeschichtlich prägenden Erfahrung mit dem Faschismus: die diesen stabilisierenden Haltungen/Denkformen, die er auch als regressive Formation, als »Mythen« sieht, sind von analytischen Entwürfen nicht zu entkräften – was die Notwendigkeit ihrer Bekämpfung umso deutlicher macht (für ihn zunächst schon begründet in seiner Erfahrung mit dem traumatisierenden Einbruch des Irrationalen im ersten Weltkrieg, dann aber verschärft durch die Konfronation mit dem Nationalsozialismus). Emphatisch stellte er diese Neuausrichtung seiner Reflexion in seinem letzten Werk heraus: »The Myth of State«:[29] In Fortführung der Argumentation in den »Symbolischen Formen« zeigt er nicht nur die gemeinschaftsfundierende Funktion von Mythen (die ihrerseits nur sprachlich existieren, s.o.), die damit nicht hintergehbar sind, sondern er wendet diese Überlegung auf die jüngere Geschichte an, etwa auf den gegen rationale Analyse resistenten modernen Rassismus (S. 224 und bes. S. 286). Das 9. Kapitel enthält eine ausführliche Analyse der Funktionsweise von Sprache im Nationalsozialismus: ihre Reduktion auf konnotative Mechanismen, die für die Akteure einen regressiven Gebrauchswert haben. Der nationalsozialistisch artikulierte Mythos kann zur gesellschaftlichen Gewalt werden, weil die Menschen sich so »befreit von der Freiheit« fühlen können (bes. S. 288)[30]. Das bedingte eine Korrektur seiner frühen emphatisch vorgetragenen Einschätzung der Sprache: die von ihm recht genau bestimmten sprachlichen Formen der faschistischen gesellschaftlichen Formierung zeigten für ihn, daß Sprache zu einer (vom Menschen geschaffenen) zweiten Natur werden kann, in der der Mensch nicht anders als in der ersten Natur gebunden ist (wie auch Tiere in ihrer Umwelt) . Sprache ist zwar die entscheidende Ressource, um die Bindung an die (animalische) erste Natur zu überwinden - aber sie kann eben auch als zweite Natur zur neuen Bindung werden, wie es die gesellschaftliche Wirklichkeit für ihn nur zu deutlich zeigte. Dabei ist aber auch die Überwindung der Bindung an diese zweite Natur an sprachliche Ressourcen gebunden: an den von ihm immer herausgestellten demokratischen (republikanischen) Diskurs (als besondere Form der sprachlichen Artikulation) [31]. Mit dieser Wendung schloß er in gewisser Weise den Spannungsbogen, der sich mit seinem frühen Werk aufgetan hatte.
C.s Einfluß in den USA war zumindest in der Sprachwissenschaft so gut wie inexistent (eine Ausnahme bildet die Auseinandersetzung mit C. bei dem ebenfalls emigrierten Lenneberg), obwohl ihm in der (ohnehin stark auf die europäische Tradition ausgerichteten) »Library of Living (!) Philosophers« von P. A. Schilpp 1949 ein Band gewidmet wurde und die »Philosophie der symbolische Formen« 1953-1957 ins Englische übersetzt wurde. Im romanischen und skandinavischen Europa wird er (bes. seine »Symbolischen Formen«) verglichen mit der Rezeption in Deutschland zentral gewürdigt: s. etwa den Artikel in der italienischen »Enciclopedia filosofica«, Bd.1 (21979); die »Symbolischen Formen« sind ins Französische übersetzt mit einer daran anschließenden breiten Diskussion dort.[32] Vor allem seit der Publikation der gesammelten Werke, hg. von B.Recki (Bd. 1/1998, Bd. 26 [Registerband]/2009, Hamburg: Meiner) sowie des Nachlasses (u.a. der Briefwechsel), hgg. von K.C.Köhnke, J.M. Krois und O.Schwemmer (zuletzt Bd. 18/2009 - aber noch nicht in allen Bänden erschienen) Hamburg: Meiner 1998; bisher bei den veröffentlichten Schriften bis Bd. 25/2007 und beim Nachlaß Bd. 11/2005) setzte eine umfangreiche Rezeption ein, die hier nicht referiert werden kann.[33]
Q: LdS: permanent; BHE; E/J; DBE; Toni Cassirer, »Mein Leben mit E. C.«, Hildesheim: Gerstenberg 1981; P. A. Schilpp (Hg.), »The philosophy of E. C.«, La Salle/Ill.: Open Court 1949 (Bibliographie dort S. 885-909); Stammerjohann (1996) (Schlieben-Lange), M. Hänel, E.C.s Kampf um Erinnerung - im Exil und zuvor, in: H.Lehmann / O. G. Oexle (Hgg.), Nationalsozialismus in den Kulturwissenschaften, Bd. 2, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2004: 319 - 350; zum Nachlaß s. Spalek u.a. 1978 und auch J. M. Kreis, »Cassirer: Symbolic Forms and History«, New Haven: Yale Univ. Press 1987.
[1] In einigen Quellen fälschlich 13.5.1945.
[2] Hamburg: Friederichsen 1929 – seine Rede zur Verfassungsfeier am 11.8.1928; in ähnlichem Tenor hielt er 1929 wieder als Rektor eine Rede zur Verfassungsfeier. Aber auch im »liberalen« Hamburg stand er mit diesem öffentlichen Eintreten für die Republik isoliert, s. B. Vogel, »Anpassung und Widerstand. Das Verhältnis Hamburger Hochschullehrer zum Staat 1919 bis 1945«, in: Krause u.a. 1991: 3-83, bes. S. 21 und 26.
[3] S. dazu Mittenzwei 1989, Bd. 5; Peters 1984: 81-82.
[4] Dazu (und bes. auch zu den hier nicht erwähnten philosophiegeschichtlichen Werken) s. etwa H. Noak, »E. C. Zur Würdigung seines Werkes«, in : Z. f. philos. Forsch. 8/1954: 446-455.
[5] C. gemeinsam H. Cohen u.a. (Hgg.), "Immanuel Kants Werke", 11 Bde, Berlin: B. Cassirer 1922 - 1923.
[6] In den philosophischen Richtungsstreitigkeiten erhielt der Disput zwischen C. und Heidegger auf den "Hochschultagen" in Davos 1929 eine geradezu legendäre Bedeutung, zeitgenössisch auch im Feuilleton ausgiebig diskutiert. C. hatte diese Davoser Hoschultage seit 1928 selbst mitorganisiert, s. Hänel, Q. Zu diesem Disput mit Heidegger, s. mit Verweisen auf die Literatur https://de.wikipedia.org/wiki/Davoser_Disputation
[7] Berlin: Preuß 1899.
[8] Teil I zuerst 1906, II 1907, III 1920, IV postum auf Englisch 1950; Repr. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1971.
[9] Substanzbegriff und Funktionsbegriff : Untersuchungen über die Grundfragen der Erkenntniskritik, Berlin: Cassirer 1910
[10] So explizit in "Die Kantischen Elemente in Wilhelm von Humboldts Sprachphilosophie" (1923), in: Werke (Q) 16/ 2003: 105 - 133, bes. S. 105.
[11] So war für ihn der Mythos nicht anders als ein theoretisches ausgearbeitetes Begriffssystem eine Form, mit der eine "Ordnung" in das Erfahrene eingezogen wird - statt es beim Chaos der Eindrücke zu belassen, s. etwa "Die Begriffsform im mythischen Denken" (1922), in: Werke (Q) 16/ 2003: 3 - 73.
[12] Die Warburg-Bibliothek war eine private, aber institutionell angelegte Einrichtung des Kunsthistorikers Aby Warburg (1866-1929) in Hamburg, der sein großes familiales Vermögen in dieses Unternehmen investierte. Er gehörte auch zu den Initiatoren der 1919 neu gegründeten Hamburger Universität (die ihn dann auch "ehrenhalber" zu einem ihrer Professoren machte). Auch dadurch hatte er schon früh einen engen Kontakt zu C. Wohl alle kulturtheoretisch engagierten Wissenschaftler in Hamburg waren damals dort aktiv, unter anderen z.B. H. Ritter.
[13] 1. Aufl. 1923-1929 im Verlag seines Vetters Bruno Cassirer, Berlin (in dem sonst nur Kunstbücher und "schöngeistige" Literatur erschienen ist); Nachdruck der 2. Auflage (1953-1954), Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1964.
[14] Hg. von J.M. Krois als Bd. 1 der "Nachgelassene[n] Manuskripte und Texte" (Hamburg: Meiner 1995) - im Folgenden angeführt als "Bd. IV". Der Sohn Peter (geb. 1933 in Berlin) ist in Göteborg geblieben, wo er zunächst als Opernsänger tätig war, später Dozent am dortigen Institut für Nordische Sprachen.
[15] In "Bd. IV" betont er mehrfach diese Übereinstimmung, insbesondere mit H. Pleßner, s. z.B. S. 60.
[16] Vgl. etwa W. Nestle, Vom Mythos zum Logos. Die Selbstentfaltung des griechischem Denkens von Homer bis auf die Sophisitik und Sokrates. Stuttgart: Kröner 1940 - der sich dort auch explizit auf Cassirer bezieht, s. S. 2.
[17] Greifbar auch in den wortgeschichtlichen Problemen: im Griechischen bedeutet schließlich Mythos „(das) Gesagte“ (so insbesondere auch als Bezeichnung für den Inhalt von Tragödien u. dgl.) - im Gegensatz zum Mystischen (etymologisch zu einer partiell homophonen Wurzel √mu-(s)- "verschließen" [also die Lippen verschließen > schweigen], während Mythos etymologisch nicht transparent ist und in der Regel zu einer lautmalerischen [?] Wurzel √mu- gestellt wird).
[18] Zu gr. apo-phainoo "darstellen", apo-phasis "Darstellung"; s. auch in der gleichen Argumentationslinie Bühlers Sprachtheorie.
[19] Nur insofern zeigt auch ein Werkzeug eine symbolische Form (und damit eine Vorform von Sprache): ein Werkzeug ist definiert durch eine Klasse von möglichen Anwendungen - anders als der situativ gebundene Werkzeuggebrauch von vorgefundenen Gegenständen bei Tieren (IV: 40). Mit dieser Korrektur nahm er einen damals in Sprachursprungsspekulationen gerne bemühten Topos auf.
[20] Auch hier ist für ihn Kant wieder das Modell, der analog die Begriffe als sekundär aus dem Urteil ausgegliedert bestimmte, s. a.a.O. S. 122.
[21] »Sprachwissenschaftliche und andere Studien«, Hamburg: Heinrich Augustin 1927.
[22] Repr. zuletzt Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1977 (= 7. Aufl.).
[23] Vgl. z.B. in "Das Symbolproblem und seine Stellung im System der Philosophie" (1927), in: Werke (Q) 17/ 2004: 253 - 282, S. 262. Ohnehin glich er in diesem Aufsatz seine Argumentation umfassender als im vorher publizierten ersten Band seines Hauptwerks mit der zeitgenössischen Sprachtheorie recht systematisch ab, so insbesondere auch mit Husserl und mit K.Bühler. Das gilt erst recht für einen späteren Aufsatz im schwedischen Exil, in dem er sein Unternehmen nochmal systematisch reflektiert, jetzt mit K.Bühler geradezu als Kronzeugen:"Zur Logik des Symbolbegriffs" (1938), in: Werke (Q) 22/ 2005: 112 - 139.
[24] In diesem Sinne rezipierte er vor allem Bühler, so vor allem auch in seiner Entwicklung des Symbolbegriffs (Symbolisierung und Repräsentation) in Bd. III (explizit so der Hinweis dort, S. 128, Anm.).
[25] S. etwa Bull. Soc. Ling. 32/1932: 4-5.
[26] Paris: Alcan 1933.
[27] Zuerst Göteborg 1942 – Repr. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1961.
[28] »An Essay on Man«, New Haven: Yale Univ. Press 1944.
[29] New Haven: Yale Univ. Press 1946.
[30] Hier bietet sich eine vergleichende Analyse mit den entsprechenden frühen (und demgegebenüber ausgesprochen ambivalenten) Arbeiten von Voegelin an.
[31] So oben (Fn. [2]) zu seinem Hamburger Vortrag 1929. Diese Spannung in Cassirers Werk hat inzwischen J. Habermas prägnant herausgearbeitet, s. von diesem "Die befreiende Kraft der symbolischen Formgebung. Ernst Cassirers humanistisches Erbe und die Bibliothek Warburg", in: ds., Vom sinnllichen Eindruck zum symbolischen Ausdruck. Frankfurt: Surkamp 1997: 9 - 40.
[32] Vgl. die Bibliographie der Sekundärliteratur zu C. von D. P. Verene in: Bull. of bibliography and magazine notes 24/1964: 103-106.
[33] S. dazu die fortlaufend aktualisierte Bibliographie zu C. von C. Richter in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 24/2005, Sp. 400-423 (http://www.bautz.de/bbkl/c/cassirer_e.shtml, Jan. 2009).